Börsen-Zeitung: Die Börse macht den Weg frei, Kommentar von Dieter Kuckelkorn zum Rücktritt von Rudolf Ferscha, Vorstandsmitglied der Deutschen Börse
Frankfurt (ots)
Der Rücktritt von Rudolf Ferscha als Vorstandsmitglied der Deutschen Börse und Chef der deutsch-schweizerischen Terminbörse Eurex war überfällig. Der vormals so erfolgreiche Ferscha hat die Konsequenzen aus dem Scheitern der von ihm ins Leben gerufenen Eurex US gezogen und den ihm vom Chief Executive Reto Francioni und Aufsichtsratschef Kurt Viermetz nahe gelegten Abschied vollzogen. Ferscha ist vorzuwerfen, dass er an seinem Vorhaben zu lange festgehalten hat. Zudem galt er als ein Vertreter der Ära des im Frühjahr 2005 auf Druck der Aktionäre ausgeschiedenen Francioni-Vorgängers Werner Seifert.
Die Börse macht damit den Weg frei für die längst überfällige Bereinigung eines gescheiterten Projekts. Es darf erwartet werden, dass Francioni bei der Eurex US umgehend die Axt anlegen wird. Echte Chancen auf einen Turnaround der US-Tochter sind jedenfalls auch mit viel gutem Willen nicht zu erkennen.
Derzeit ist noch von einer Partnersuche für den Anfang 2004 mit großen Hoffnungen an den Start gegangenen Eurex-Ableger die Rede. Namen wie der Deutsche-Börse-Rivale Euronext, aber auch die mit der New York Stock Exchange fusionierende elektronische Handelsplattform Archipelago sowie die Börse von Philadelphia werden herumgereicht. Weshalb aber sollten sich diese Adressen in Kombination mit der kleinen und schwachen Eurex US mit übermächtigen Wettbewerbern wie dem Chicago Board of Trade (CBoT) und der Chicago Mercantile Exchange (CME) anlegen?
Das bevorstehende Ende der Eurex US, das dem Vernehmen nach auch vom Schweizer Eurex-Partner SWX gefordert wird, wäre die erste nach außen deutlich sichtbare strategische Entscheidung des neuen Börsenchefs Francioni. Andere Weichenstellungen müssen folgen. Die Aktionäre der Deutschen Börse, die nicht unbedingt für ihren Sanftmut bekannt sind, werden von Francioni eine umfassende Strategie einfordern, wie sich die Ertragsaussichten der Börse und damit die Kursperspektiven weiter verbessern lassen. Zudem steht in den kommenden Jahren auch die Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft an, bei der die Deutsche Börse ein entscheidendes Wort mitreden sollte. Die Ansprüche an Francioni sind hoch, die Hindernisse, die sich ihm in den Weg stellen, allerdings auch.
(Börsen-Zeitung, 30.12.2005)
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