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Börsen-Zeitung: Wechsel auf die Zukunft, Kommentar zur Siemens-HV von Michael Flämig

Siemens musste im ersten Quartal einen Gewinneinbruch von 25%
hinnehmen, hat Erwartungen verfehlt, schließt millionenschwere
Restrukturierungsausgaben nicht aus und gibt deshalb keine Prognose
für das laufende Geschäftsjahr ab. Trotzdem katapultierte der
Kapitalmarkt die Aktie des Konzerns um 7% auf den höchsten Stand
seit dem 19. März 2002. Die Reaktion erstaunt angesichts der
gravierenden Unsicherheiten. Wie erklärt sich die Einschätzung?
Erstens dürfte ein technischer Effekt den Kurssprung mitverursacht
haben. Denn das erste Quartal fällt bei Siemens oft schwach aus, so
dass etliche institutionelle Anleger eine Enttäuschung erwartet und
auf eine fallende Notierung gesetzt hatten. Sie mussten nun
nachkaufen, um Verluste zu minimieren.
Die zweite Ursache ist gewichtiger: Der Ordersprung um 31% macht
Hoffnung auf künftige deutliche Gewinnsteigerungen. Natürlich waren
neben akquirierten Unternehmen vor allem außergewöhnliche
Großaufträge für das Plus verantwortlich – aber auch derartige
Orders muss man erst reinholen.
Mit dem Kurssprung stellt der Kapitalmarkt dem Siemens-Konzern einen
Wechsel auf die Zukunft aus. Nun muss das Unternehmen dieses
Vertrauen rechtfertigen. Das Abarbeiten von Aufträgen dauert in der
Regel drei bis zwölf Monate. Im Sommer also lässt sich erst
abschätzen, ob die Orders hinreichend profitabel sind – oder die
Bereiche zu sehr auf Wachstum schielen.
Bei den Margenerwartungen stellen die Investoren ebenfalls einen
Wechsel auf die Zukunft aus. Sie nehmen nun das Versprechen von
Siemens-Chef Klaus Kleinfeld ernst, dass alle Bereiche im Frühjahr
2007 die Ziele erreichen. Zudem ruft das Management die Periode
2005/06 nicht zum Zwischenjahr aus, also sind begrenzte
Sonderbelastungen zu erwarten.
Einen Wechsel auf die Zukunft ganz anderer Art hat der Vorstand
gezeichnet. Er widersteht dem Druck von US-Fonds, die
Geschäftsbeziehung mit „Schurkenstaaten“ (so die US-Terminologie)
einzustellen. Ein Rückzug aus dem Sudan verbessere die Lage dort
nicht, argumentiert Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger. Gut so. Denn
grenzüberschreitendes Wirtschaften trägt zur Friedenssicherung bei
und sichert Einflussmöglichkeiten. Die Geringfügigkeit des Sudan-
Engagements schützt Siemens zugleich vor dem wohlfeilen Vorwurf, für
das Geschäft auf Moral zu pfeifen.

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