Börsen-Zeitung: Der Macquarie-Effekt, Kommentar zur Dividendenanhebung der London Stock Exchange von Norbert Hellmann
Frankfurt (ots)
Im Hause London Stock Exchange (LSE) sollte man sich beim vielgescholtenen feindlichen Angreifer Macquarie Bank geradezu überschwänglich bedanken. Obwohl die Chance auf eine tatsächliche Übernahme winzig ist, hat die Existenz eines Private-Equity-Bieters der Aktie Beine gemacht wie nie zuvor. Da die Entlohnung der LSE- Führung eng an die Aktienperformance gekoppelt ist, wird der immer wieder verfluchte Belagerungszustand der letzten fünfzehn Monate nicht zu ihrem Schaden sein.
Sollte bis Ende der Bieterfrist am 25. Februar nicht noch ein Wunder im Form eines gigantisch aufgestockten Angebots geschehen, wird Macquarie mit leeren Händen abziehen, die LSE-Notierung aber weiter in luftigen Höhen verweilen. Die Ironie des Kapitalmarktwettbewerbs will es nämlich, dass die künftig wieder unbehelligte LSE eine Gestalt annimmt, die dem, was Macquarie ihr angedeihen zu lassen gedachte, verdächtig ähnlich sieht. Damit bewahrheitet sich das, was Kenner der Materie in der Londoner City schon seit Monaten prophezeit haben. Die LSE kann sich der Umarmung eines börsenfremden Bieters aus dem Private-Equity-Lager nur dadurch entwinden, dass sie sich dessen Erfolgsrezepturen zu Eigen macht. Dazu gehört neben den üblichen Kosteneinsparungen in erster Linie ein gehöriger Fremdkapitalhebel, der die Rendite der Eigenkapitalgeber oder Eigner auf Vordermann bringt beziehungsweise das Auskehren von Cash-flows ermöglicht.
Im Falle LSE sollen es über 500 Mill. Pfund und damit etwa ein Viertel des Marktwertes sein. Ein Lump, wer da von Ausbluten spricht, in gewisser Weise aber handelt die LSE genau so, wie es der feindliche Übernehmer getan hätte. Das Plädoyer zur Unabhängigkeit der LSE wurde vor allem auch mit dem Schutz der verletzlichen Kundschaft eines Quasi-Monopolanbieters begründet. Macquarie hätte, so die Argumentation, die Preise angehoben, um sich selbst und die Fremdkapitalgeber entsprechend bedienen zu können.
Jetzt, da die LSE zu ähnlichen Methoden greift, werden sich Kunden fragen, ob es nicht Monopolrenten sind, die im großen Stil an Aktionäre fließen. Eine Börse, die über 500 Mill. Pfund Spielraum für Mittelrückgaben hat, müsste auch in der Lage sein, die Preise zu senken. Ähnliches jedenfalls dürfte die LSE-Spitze künftig von den Banken und Brokern zu hören bekommen.
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