Börsen-Zeitung: Wieder die Dresdner, Kommentar von Michael Flämig zur Bilanzpressekonferenz der Allianz
Frankfurt (ots)
Die Allianz hat den höchsten Gewinn ihrer Geschichte erzielt. Mit 4,4 Mrd. Euro landete der Versicherer sogar 10% über dem vergleichbaren Überschuss im Börsenboomjahr 2000. Das aktuelle Ergebnis ist auch deswegen besonders beachtlich, weil es ohne exzessive Gewinne aus Kapitalanlagen erreicht wurde. Außerdem musste die Allianz eine hohe Belastung aus Naturkatastrophen schultern.
Jubelstimmung war am Tag der Bilanzpressekonferenz trotzdem nicht zu verspüren. Die Investoren schickten die Aktie mit einem Abschlag von 1,6% aus dem Handel. Auch Vorstandsvorsitzender Michael Diekmann blieb nüchtern und verweigerte den Fotografen erneut den nach oben gereckten Daumen obwohl er diese Geste der Zufriedenheit vor einem Jahr an gleicher Stelle angekündigt hatte.
Die Zurückhaltung ist gut begründet. Erstens schickt Diekmann die deutschen Versicherungsaktivitäten und demnächst auch die italienischen Töchter durch den größten Umbau ihrer Geschichte. In anderen Bereichen laufen ebenfalls Programme zur Effizienzsteigerung. Da geziemt es sich nicht, Rekordgewinne triumphierend zu verkünden. Zweitens wirft die Dresdner Bank einen Schatten auf das Zahlenwerk der Allianz. Auch fünf Jahre nach dem Kauf bleiben Zweifel, ob das Kreditinstitut adäquat zum Konzernergebnis beitragen kann. Das Verdienen der Kapitalkosten wie im Jahr 2005 wird als nicht ausreichend eingeschätzt.
Die Ansage aus München ist klar: Jetzt muss mehr geliefert werden. Die Altlasten in Form fauler Kredite sind abgearbeitet, das Beteiligungsportfolio wurde bereinigt. Die Dresdner soll zeigen, was in ihr steckt. Das Wachstumsziel von mindestens 11% ist ambitioniert. Sicherlich helfen Effekte wie eine günstigere Entwicklung bei IAS 39 und eine Erholung im Investment Banking. Aber die Bank muss das Wachsen erst wieder lernen.
Ohne den Umsatzsprung ist die operative Gewinnsteigerung um 66% pure Tagträumerei. Fehlt das Wachstum, muss das Management wohl schon zur Jahresmitte an der Kostenschraube drehen mit entsprechenden Folgen für die Stellenzahl. Eine Zielverfehlung hat aber auch strategische Folgen. Denn der Absatz von Versicherungen über die Filialen rechnet sich nur dann, wenn die Bank ihre Kosten-Ertrags-Relation deutlich senkt. Dies ist die zentrale Voraussetzung für den Erfolg des integrierten Finanzdienstleisters.
(Börsen-Zeitung, 17.3.2006)
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