Boersen-Zeitung: Kreative Art des Verkaufs, Kommentar von Annette Becker zum Verkauf des Immobilienvermögens von KarstadtQuelle für 4,5 Mrd. Euro
Frankfurt (ots)
KarstadtQuelle hat das Immobilienvermögen für 4,5 Mrd. Euro veräußert und auch diese Desinvestition schneller als geplant über die Bühne gebracht. So will Konzernchef Thomas Middelhoff den mit dem Goldman-Sachs-Fonds Whitehall vereinbarten Immobiliendeal verstanden wissen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Sollte das Immobilienpaket ursprünglich bis Ende September komplett in dritte Hände wandern, bleibt KarstadtQuelle nun mit 49% an Bord. Das muss den Essenern nicht notwendigerweise zum Nachteil gereichen, doch handelt es sich im normalen Sprachgebrauch wohl eher um eine Ausgliederung aus der Bilanz als um einen Verkauf.
Auch der verkündete Verkaufserlös von 4,5 Mrd. Euro ist in dieser Größenordnung nicht korrekt, denn zunächst fließen nur 3,7 Mrd. Euro zu. Die fehlenden 800 Mill. Euro sind Zukunftsmusik und nicht zuletzt vom operativen Erfolg der Warenhäuser abhängig. Und selbst die genannten 3,7 Mrd. Euro sind nicht Eigentum des Konzerns, denn 600 Mill. Euro stehen dem Pensionstrust zu, der auf Geheiß ebenfalls Immobilien in die neue Gesellschaft einbrachte. Dass dem Geschäft aufgrund der Verquickung von Interessen im Hause Goldman Sachs ein schaler Beigeschmack anhaftet, fällt dabei kaum noch ins Gewicht.
Von größerer Bedeutung ist, dass KarstadtQuelle mit dem Verkaufserlös die Konzernschulden komplett ablösen kann. Konkret geht es um die Ablösung der syndizierten Kreditlinie, die Rückzahlung des Second Lien und die Tilgung von Hypothekendarlehen. Schuldenfrei soll der Konzern am Ende dastehen.
Das mag rein bilanziell gesehen der Fall sein. Mit einer Beteiligung von 49% an der Immobiliengesellschaft und der Abgabe der operativen Führung an Whitehall wird die Gesellschaft vermutlich nicht konsolidiert. Doch da die Gesellschaft den Immobilienkauf fast ausschließlich fremdfinanziert, sind KarstadtQuelle entsprechend der Beteiligung die Schulden zuzurechnen. Und je nachdem, ob die Gebäude als Financial Leases oder als Operating Leases zurückgemietet werden, entstehen außerbilanzielle Verpflichtungen. Zum Bilanzstichtag 2005 belief sich der Barwert der außerhalb der Bilanz geführten Operating Leases schon auf 1,7 Mrd. Euro. De facto löst KarstadtQuelle mit neuen Krediten alte ab und verschiebt den Verkauf der Immobilien um drei bis fünf Jahre.
(Börsen-Zeitung, 28.3.2006)
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