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Boersen-Zeitung: Überflüssig wie ein Kropf, Kommentar von Bernd Wittkowski zur vermeintlichen Krise bei offenen Immobilienfonds

Frankfurt (ots)

Krise? Nachdem nun der dritte zeitweise
geschlossene offene Immobilienfonds wiedereröffnet wurde, reibt man 
sich verwundert die Augen: welche Krise? Den Anlegern ist unmittelbar
kein messbarer finanzieller Schaden entstanden. Die Deutsche Bank hat
die Inhaber des Grundbesitz-Invest für die moderate Abwertung des 
Portfolios entschädigt. Und wer in einem der KanAm-Fonds investiert 
ist, hat sogar von der Schließung profitiert, wenn man auf die 
während der Aussetzung der Rücknahme gestiegenen Anteilwerte und die 
dank Gewinnen aus Immobilienverkäufen hochgezogenen Renditen schaut.
Angesichts dieser Entwicklung erscheinen die Geschehnisse der 
vergangenen vier Monate, beginnend mit dem Einfrieren von 6 Mrd. Euro
Anlegergeldern durch die DB Real Estate, mehr denn je grotesk. Zumal 
wenn man bedenkt, welche Gefahren durch den Aktionismus verschiedener
Beteiligter inklusive der Finanzaufsicht und der vorlauten 
Ratingagentur Scope heraufbeschworen wurden. Das war kein 
Krisenmanagement, sondern fahrlässiges Provozieren einer Krise. Es 
fehlte nicht viel, dann hätte die seit langem grassierende Krise am 
deutschen Gewerbeimmobilienmarkt nicht nur auf die Fonds 
übergegriffen, sondern auf das ganze Finanzsystem. Das waren ja keine
Horrorfantasien hysterischer Beobachter. "Die Gefahr einer 
Systemkrise" (so im Dezember Bankenpräsident Klaus-Peter Müller) 
bestand sehr real. Marktteilnehmer, BaFin und Bundesbank hatten 
längst die Katastrophenpläne aus den Schubladen geholt. Doch die 
befürchtete schlimme Kettenreaktion blieb aus, vor allem weil die 
Mehrzahl der privaten Anleger die Nerven behielt.
Zu Recht, wie sich gezeigt hat. Die wertstabile und 
schwankungsarme Assetklasse der offenen Immobilienfonds kann als 
weithin rehabilitiert gelten. Bis sich das auch zu all jenen Anlegern
herumgesprochen hat, die zwischenzeitlich Milliardenbeträge in andere
Sparformen umgeschichtet haben, wird es noch etwas dauern. Doch 
unabhängig davon: Auch in dieser Krise liegt eine Chance. So sind die
vom Branchenverband BVI initiierten Reformen geeignet, dieses Produkt
noch wetterfester zu machen. Die an sich sinnvollen Maßnahmen werden 
sich freilich als nutzlos erweisen, wenn bei allfälligen künftigen 
Marktbelastungen und Marktstörungen nicht alle Akteure in ihrer 
jeweiligen Verantwortung mehr Fingerspitzengefühl an den Tag legen 
als bei dieser Krise, die so überflüssig war wie ein Kropf.
(Börsen-Zeitung, 15.4.2006)

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