Boersen-Zeitung: Normalisierung, Kommentar zum ZEW-Stimmungsindex von Reinhard Kuls
Frankfurt (ots)
In den Einschätzungen zur Konjunktur Deutschlands wie auch der Eurozone verringert sich die Aufschwungszuversicht. In ihr Gegenteil, nämlich in Pessimismus, schlägt sie dennoch nicht um, und sie sollte es auch nicht. Es rücken beim Blick nach vorn lediglich die Realitäten stärker ins Sichtfeld.
Nichts anderes sagen die jüngsten Daten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aus. Am Grundszenario eines Aufschwungs in diesem Jahr hat sich in den Augen der institutionellen Anleger und Analysten, die an der monatlichen Umfrage des ZEW teilnehmen, nichts geändert. Das zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass die Urteile zur aktuellen Lage sich nach wie vor weiter aufhellen und im deutschen Erwartungsindex der langfristige Mittelwert noch bequem überboten wird.
Wenn sich nun aber das Augenmerk verstärkt auf die künftigen Konjunkturbremsen Dollarschwäche, Ölpreis und Mehrwertsteuererhöhung richtet, so kann das nicht schaden. Es ist aber mehr ein Akt der Normalisierung, der den Stimmungsindikator ZEW-Index jetzt offenbar seinen zyklischen Zenit hat überschreiten lassen und der auch bei den Pendants Ifo-Geschäftsklimaindex und Stimmungsindex der EU-Kommission bald eine ähnliche leichte Korrektur bewirken dürfte.
Es ist zumal ein Abbild einer Normalisierung, die sich auch in anderen Bereichen abspielt. So bewegt sich der Dollar-Kurs tendenziell nach unten und damit in Richtung seines fairen Wertes. Er unterstützt auf diese Weise letztlich auch die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem Bemühen, das Zinsniveau in der Eurozone - so ihre Wortwahl - zu normalisieren, da er den Weg von dem bislang noch immer zu niedrigen Leitzins auf ein angemessenes und in diesem Sinn "normales" Niveau quasi von oben her verkürzen kann.
Da auch die europäischen Währungshüter die Stimmungsbarometer genau studieren, sprechen die jüngsten ZEW-Zahlen wohl für einen kleinen Zinsschritt um 25 Basispunkte bei der nächsten Sitzung des EZB-Rats und nicht, wie vereinzelt spekuliert, für ein Abgehen von dem bisherigen eher gemächlichen Anpassungstempo bei den Leitzinsen. Dieses moderate Tempo scheint der ZEW-Erwartungsindex für die Eurozone nachgerade anzuraten, liegt er aktuell doch fast auf das Zehntel genau auf seinem Durchschnittsniveau - Normalität, wo man hinschaut.
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