Boersen-Zeitung: Zeit für den Neustart, Kommentar zur Krise bei EADS von Gerhard Bläske
Frankfurt (ots)
Die Tage von Noël Forgeard als französischer Teil der deutsch-französischen Doppelspitze beim Luft- und Raumfahrtkonzern EADS sind gezählt. Offen ist nur noch der Zeitpunkt seines Abgangs. Zu oft hat Forgeard im Unternehmen Feuer gelegt, gegen die Doppelspitze gestänkert und in einem beispiellosen Führungskampf seinen Vorgänger Philippe Camus gestürzt. Lange schützten ihn seine Meriten als Airbus-Chef und die Unterstützung durch Staatspräsident Jacques Chirac. Doch nachdem er nun eigene Fehler auf andere abzuwälzen versucht und durch Aktienverkäufe, deren Umstände die Finanzmarktaufsicht untersucht, Kritik auf sich zieht, hat der ehrgeizige Manager offenbar die Unterstützung der französischen Aktionäre verloren.
Der deutsche Großaktionär DaimlerChrysler hat schon lange genug von Forgeard und seinen Zündeleien. Wenn der für gewöhnlich zurückhaltende Anteilseigner sein Schweigen bricht und rasche Entscheidungen anmahnt, dann ist wirklich Feuer unterm Dach. Die Ablösung Forgeards ist längst überfällig, aber die Probleme der EADS liegen viel tiefer.
Dringlich ist jetzt die Neuordnung des Konzerns. Die Defizite in der internen Kommunikation und Information - zurückzuführen auch auf das weitgehende Eigenleben von Airbus - sind evident, auch die industriellen Strukturen müssen überdacht werden. Mit dem Ausscheiden des britischen Airbus-Aktionärs BAE Systems bietet sich die Chance zur Integration von Airbus. Auch die Organisation der EADS muss geändert werden. Nur mit klaren Strukturen und Verantwortlichkeiten, mit einem Vorstandsvorsitzenden und einem Aufsichtsratschef aus verschiedenen Ländern, können die Probleme beim A 380 rasch angepackt werden.
Rasches, aber nicht überstürztes Handeln sind Voraussetzungen dafür, dass die EADS wieder auf Kurs kommt und sich der Aktienkurs erholt. Da sind auch die Aktionäre gefragt. Der französische Staat kann nicht, wie im Fall der hochdefizitären EADS-Tochter Sogerma, ungeniert intervenieren, und DaimlerChrysler sollte die Unsicherheiten über die eigenen Absichten beenden und erklären, welche Pläne man mit der EADS-Beteiligung hat. Bei der EADS steht viel auf dem Spiel. Scheitert das deutsch-französische Vorzeigemodell, dann nimmt die deutsch-französische Zusammenarbeit insgesamt Schaden.
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