Börsen-Zeitung: Gelungener Coup, Kommentar zum Verkauf des Bertelsmann Musikverlags von Annette Becker
Frankfurt (ots)
Nicht nur Private-Equity-Investoren verfügen über scheinbar unbegrenzte Liquidität. Auch strategische Investoren sind wieder bereit, ganz tief in die Tasche zu greifen. Sollte es für diese These noch eines Beweises bedurft haben, so hat ihn Vivendi mit dem Kauf des Musikverlags von Bertelsmann geliefert. Mit 1,63 Mrd. Euro zahlen die Franzosen das gut 20fache des 2005 erzielten Ebitda.
Für Bertelsmann konnte es kaum besser laufen. Die Nachfrage nach dem Asset war überbordend, so dass sieben Interessenten in die finale Bieterrunde kamen und auch verbindliche Angebote abgaben. Zwar verliert Bertelsmann mit BMG Publishing einen stabilen Cash-flow-Lieferanten. Für das Konzernportfolio spielte die Gesellschaft, die im vergangenen Geschäftsjahr gerade einmal einen Beitrag zum Konzernumsatz von 2% und zum operativen Ergebnis von 3% leistete, aber keine große Rolle.
Hinzu kommt, dass Bertelsmann zugleich einen Vergleich mit Universal Music, dem Musikarm von Vivendi, im Rechtsstreit um die Tauschbörse Napster schließen konnte. Zwar will man die beiden Transaktionen in Gütersloh als völlig unabhängig voneinander verstanden wissen. Doch das zeitliche Zusammenfallen der Ereignisse lässt vermuten, dass dem "Zufall" auf die Sprünge geholfen wurde. Ob von dem Vergleich tatsächlich Signalwirkung ausgeht und die anhängigen Klagen auf Schadenersatz demnächst beigelegt werden, sollte daher abgewartet werden.
Für die anstehende Bondtransaktion, die ebenso wie der Verkauf von BMG Publishing zur Refinanzierung des 4,5 Mrd. Euro schweren Aktienrückkaufs dient, dürften die gestrigen Nachrichten in jedem Fall günstig gewesen sein. Bertelsmann löst die beim Rückkauf gegebenen Versprechen ein. Zwar steht das Ratingurteil von Standard & Poor's noch aus - dort steht das "BBB+" auf der Überprüfungsliste für eine mögliche Herabstufung -, doch sollte der für den Musikverlag erzielte Verkaufspreis die Bonitätswächter gnädig stimmen. Wenngleich der Halbjahresbericht auch deutliche Schwächen im operativen Geschäft - namentlich bei SonyBMG - erkennen lässt, verspricht das Management, die Ertragslücke im Musik-Joint-Venture bis zum Jahresende zu schließen. Bedenkend, dass Bertelsmann eher konservativ prognostiziert, dürfte einer erfolgreichen Anleiheemission also nichts im Wege stehen.
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