Börsen-Zeitung: Eon mit der Brechstange, Kommentar von Christoph Ruhkamp zum stark aufgestockten Übernahmeangebot für die spanische Endesa
Frankfurt (ots)
Dass die Übernahme von Endesa für Eon strategisch Sinn ergibt, wird niemand bezweifeln. Der deutsche Konzern bekommt Zugang zu Märkten, auf denen er bisher nicht nennenswert vertreten war - darunter nicht nur Spanien, sondern unter anderem auch Frankreich, Italien und Südamerika. Es sind Märkte, die gute Renditen ermöglichen. Zudem würde Eon durch die Akquisition zum größten Energieversorger Europas und zur weltweiten Nummer 1 bei Strom und Gas werden. Eine Position, die nicht nur symbolischen Wert hat, sondern auch mit kostensparender Einkaufsmacht verbunden ist.
Aber der Erfolg würde mit bis zu 37 Mrd. Euro äußerst teuer erkauft. Der Preis entspricht mehr als dem 13fachen des Endesa-Gewinns 2006. Inklusive der Verbindlichkeiten der Spanier handelt es sich sogar um rund 63 Mrd. Euro - und damit um die bislang größte Fusion im Energiesektor. Eon schrammt damit hart an der Grenze der Wirtschaftlichkeit entlang. Der finanziell üppig ausgestattete deutsche Konzern greift derart tief in die Tasche, dass trotz bestehender Kreditlinien selbst eine Kapitalerhöhung oder Verkäufe von Unternehmensteilen nicht mehr völlig ausgeschlossen werden können. Und das, obwohl Eon über rund 15 Mrd. Euro Bares verfügt.
Der Grund für die scheinbare Freigiebigkeit ist offensichtlich. Die Düsseldorfer wollten mit der horrenden Aufstockung des Gebots um 38% jeglichem weiteren Widerstand der Endesa-Aktionäre auf einen Schlag den Boden entziehen. Es galt, so schnell wie möglich zu verhindern, dass die als "Weißer Ritter" auf den Plan getretene Acciona ihren Endesa-Anteil weiter ausbaut. Der spanische Infrastrukturkonzern hätte dadurch die Übernahme blockieren oder zumindest deutlich verteuern können.
Diese Verteuerung muss Eon nun nicht mehr fürchten. Der Konzern hat sie - etwas zu voreilig - schon selbst herbeigeführt. Die eine oder andere spanische Behörde und der eine oder andere Endesa-Manager werden sich jetzt noch eine Weile zieren. Das Zustandekommen der Transaktion scheint aber nur noch eine Frage der Zeit. Es handelt sich um ein Angebot, das kaum ein Endesa-Aktionär ablehnen dürfte - zumal der Kurs der Spanier bei einem Rückzug Eons kräftig einbrechen würde. Für die Eon-Aktionäre aber ist der gewaltsame Durchbruch in Spanien ein zu teuer erkaufter Erfolg.
(Börsen-Zeitung, 28.9.2006)
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