Börsen-Zeitung: Auf dem falschen Dampfer, Kommentar zur Zerschlagungsfantasie bei der Tui-Aktie von Walther Becker
Frankfurt (ots)
Container-Schifffahrt und Touristik: Auf zwei Beinen steht man besser als auf einem, lautet das Motto von Tui-Chef Michael Frenzel. Doch ist von aufrechtem Gang bei dem Konglomerat längst keine Rede mehr. Der Kurs des mit 4,4 Mrd. Marktkapitalisierung kleinsten Dax-Emittenten lernt das Laufen nicht. Der Grund liegt auf der Hand: Aus Anlegersicht haben Reiseveranstalter und Fracht, ja auch Hotels, Fluglinien und Veranstalter wenig miteinander zu tun. Dass die Investments in Jets und Hotels aus dem Cash-flow kaum darzustellen sind, wurde Investoren immer klarer. Frenzel nicht. Da jetzt auch die Frachtraten in der Container-Schifffahrt unter Wasser sind, braucht Tui einen Neustart.
Die Schwäche dieser Konglomerats-Aktie lässt nun die Stimme der institutionellen Investoren laut werden, die schon länger eine Aufspaltung des Konzerns in Touristik und Schifffahrt präferieren. Sie forderten Frenzel ultimativ zur Spaltung in den nächsten sechs bis 18 Monaten auf. Ist dies der erste Fall, in dem Shareholder-Aktivisten einen Dax-Vorstand in die Knie zwingen? Kaum. In Holland, Frankreich oder Skandinavien machen Asset Manager wie Knight Vinke, Ceviant, Paulson und Centaurus von sich reden - sie kaufen Mini-Beteiligungen, setzen die Manager unter Druck und zielen über Zerschlagung auf den schnellen Euro.
Bei Tui sind Adressen anderen Kalibers wie der britische Vermögensverwalter Hermes (seit 14 Jahren Tui-Aktionär) und die DWS engagiert, die eine Filetierung fordern. Sie machen sich für gute Corporate Governance stark und sind am längerfristigen Gedeihen ihres Engagements interessiert. Doch es geht um eine Eskalation, wie sie hierzulande selten ist. Denn die Investoren sollen ihren Strategievorschlag mit Aufsichtsratschef Jürgen Krumnow diskutiert haben - weil sie auf der HV und beim Vorstand kein Gehör fanden. Üblicherweise diskutierten Institutionelle ihre Vorstellungen mit dem Management.
Statt Shareholder-Aktivismus nun Frenzel-Aktivismus? Der in die Enge getriebene Tui-Chef sucht angeblich Schutz in der Politik - unter anderem in Hamburg. In der Hansestadt hat die Frachttochter Hapag-Lloyd ihren Sitz. Selbst wenn der Senat mit Airbus/EADS keine anderen Probleme zu bewältigen hätte: Wer in Erwägung zieht, dass die Elbmetropole Tui zur Seite springt, ist auf dem falschen Dampfer. Frenzel ist offenbar dabei.
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