Börsen-Zeitung: Europa braucht Sepa, Kommentar von Markus Frühauf zu drohenden Verzögerungen bei der Schaffung eines einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraums
Frankfurt (ots)
Die Zeit für einen einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum drängt. Schließlich schätzt die Europäische Kommission die Einsparungen für Europas Wirtschaft auf jährlich 50 Mrd. bis 100 Mrd. Euro gegenüber dem Status quo. Der ist gekennzeichnet durch ein Dickicht an nationalen Zahlungsverkehrssystemen und -vorschriften. Dank Brüssel könnte dieses kostspielige Dickicht nun doch länger fortbestehen, als ursprünglich geplant war.
Denn die Verhandlungen zur Richtlinie für die Single Euro Payments Area (Sepa) sind ins Stocken geraten. Damit zum 1. Januar 2008 die Kreditinstitute das Sepa-Zeitalter einläuten können, müsste die Richtlinie bis Jahresende verabschiedet werden. Doch darauf deutet derzeit nichts hin. Experten gehen davon aus, dass ein Kompromiss bis Mitte des nächsten Jahres auf sich warten lassen könnte. Bei der üblichen Umsetzungsfrist in nationale Regelwerke von 18 Monaten muss dann von einem Starttermin frühestens Anfang 2009 ausgegangen werden.
Dies geht zulasten von Banken, die noch länger den kostspieligen Aufwand von zwei Zahlungsverkehrssystemen tragen müssen, und zulasten von Unternehmen und Verbrauchern, denen günstigere und einfachere Zahlungsalternativen erst später zur Verfügung stehen.
Größter Zankapfel in Brüssel ist die Behandlung von Zahlungsverkehrsanbietern, die keine Kreditinstitute sind. Die Kommission möchte mit diesen den Wettbewerb im Zahlungsverkehr intensivieren. Dabei sollen sie generöseren Aufsichtsprinzipien unterliegen als etwa Banken, die mit Abstand den Großteil der jährlich 60 Milliarden unbaren Transaktionen in der EU abarbeiten. Die Kreditwirtschaft setzt auf gleiche Spielregeln für alle, schließlich ist das Ansinnen der Kommission wettbewerbsverzerrend. Dabei darf nicht vergessen werden, sollten die Zahlungsinstitute dank eines Laisser-faire tatsächlich ihre Marktanteile steigern, erhöht sich dadurch das Systemrisiko.
Es stellt sich die Frage, ob Unternehmen und Verbrauchern damit gedient ist, wenn Zahlungsinstituten, die für den Zahlungsverkehr im Grunde vernachlässigenswert sind, Artenschutz gewährt wird. Dass dadurch der Sepa-Zeitplan gefährdet wird, ist erst recht nicht einzusehen. Es gilt, die enormen Potenziale, die ein einheitlicher Zahlungsverkehrsraum ermöglicht, zu heben.
(Börsen-Zeitung, 11.11.2006)
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