Börsen-Zeitung: Verschlafen, Kommentar von Antje Kullrich zu den abnehmenden Überschussbeteiligungen der Lebensversicherer
Frankfurt (ots)
Vier Jahre schon währt die Kletterpartie des Dax, seit Anfang 2003 hat sich der deutsche Leitindex mehr als verdoppelt. Die Lebensversicherer jedoch haben in den vergangenen Jahren ihren Kunden immer weniger Überschussbeteiligung zukommen lassen. Zugegeben - das niedrige Zinsniveau machte es nicht leicht, ordentliche Renditen zu erwirtschaften, doch ein wichtiger Grund lautet schlicht und einfach: Die deutschen Lebensversicherer haben den Boom am Aktienmarkt komplett verschlafen.
Die Aktienquote der gut 100 Gesellschaften am deutschen Markt, die mit verwalteten 660 Mrd. Euro zu den größten Kapitalanlegern überhaupt zählen, ist in den vergangenen vier Jahren nur marginal gestiegen und beträgt derzeit geschätzt durchschnittlich 10%. Das bedeutet, dass die Lebensversicherer in einem aufsteigenden Markt ihre Aktienbestände nicht nur nicht aufgestockt, sondern auch noch reduziert haben, denn ansonsten hätte die Quote angesichts der Marktperformance deutlicher steigen müssen. Das Verhalten der Asset Manager in der Assekuranz nach den Krisenjahren 2001 und 2002 ist ein klassisches Beispiel dafür, dass gebrannte Kinder das Feuer scheuen.
Umso erstaunlicher ist es, dass die Kapitalanleger an anderer Stelle schon wieder mit Zündhölzern spielen - wenn auch mit einer kleineren Packung. Auf der Suche nach Rendite kündigen immer mehr Lebensversicherer an, sich jetzt auch verstärkt in Private Equity engagieren zu wollen. Doch auch hier könnten einige in der Branche zu lange geschlafen haben. Die Kaufpreise für Unternehmen sind in die Höhe geschnellt, so dass Renditen von mehr als 20% demnächst längst nicht mehr die Regel sein dürften. Die Fachleute in der eigenen Branche, die Kreditversicherer, befürchten gar vermehrt Insolvenzen von Private-Equity-finanzierten Unternehmen, denen von ihren neuen Eignern Schulden bis zum Hals aufgelastet wurden.
Antizyklisches Verhalten ist in der Assekuranz nach wie vor sehr selten zu finden. Eigene Wege gehen höchstens sehr risikoaverse Versicherer wie die Debeka, die konsequent die Börse ignorieren. Diese Art von Dauerschlaf scheint immerhin gesünder als die Trägheit mancher anderer. Best-Case-Szenario bleiben jedoch aufgeweckte Manager, die die gesamte Anlage-Klaviatur beherrschen.
(Börsen-Zeitung, 28.12.2006)
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