Börsen-Zeitung: Gut gemeint, Kommentar von Christoph Ruhkamp zum Regierungsentwurf der Investmentgesetznovelle
Frankfurt (ots)
Die deutsche Investmentbranche betreut ein Vermögen von 1,2 Bill. Euro. Allein die Fondsgesellschaften beschäftigen mehr als 12000 Mitarbeiter - und zählt man den Vertrieb hinzu, geht es gleich um hunderttausende Arbeitsplätze. Offenbar hat die Bundesregierung die Bedeutung des Wirtschaftszweiges erkannt: Mit einer Novelle des Investmentgesetzes, deren Entwurf jetzt vorliegt, möchte der Finanzminister das Wachstum der Branche anheizen. Neben dem Schutz der Anleger geht es darum, unnötige Bürokratie abzubauen, Nachteile gegenüber ausländischen Finanzplätzen zu beseitigen und neue Produkte zu ermöglichen.
Dieses Ziel wird jedoch - wenn überhaupt - nur teilweise erreicht und durch zahlreiche Details sogar konterkariert. Aus Sicht der Investmentbranche ist der Gesetzentwurf durchaus gut gemeint, aber in weiten Teilen verbesserungsbedürftig. Teilweise schießen die deutschen Regeln beim Anlegerschutz sogar über die von der EU gesetzten scharfen Standards hinaus. Beispiele dafür sind etwa der Transaktionskostenabschlag, den jeder Anleger zahlen soll, der Anteile für mehr als 100000 Euro zurückgibt - oder die Transaktionskostenquote, die künftig zusätzlich zur bereits etablierten Gesamtkostenquote veröffentlicht werden müsste.
Beide Regeln sind in anderen europäischen Ländern nicht zu finden. Treten sie dennoch in Kraft, ist das Ergebnis absehbar: Schon bisher wurden immer mehr Fonds in Irland oder Luxemburg aufgelegt und von dort aus nach Deutschland verkauft, weil die Branche die hiesige Regulierungswut meiden wollte. Die Auswirkungen sind nicht unerheblich, denn mit dem Auflagestandort von Fonds ist auch die Standortwahl zahlreicher Dienstleister verbunden. Juristen und Wirtschaftsprüfer siedeln sich eben dort an, wo sie die Investmentgesellschaften bedienen und deren Interessen gegenüber den Behörden vertreten müssen.
Aber nicht alles an dem Gesetzentwurf ist schlecht: Stark ist er dort, wo es um den Schutz der Anleger geht. Zu begrüßen sind etwa die geplanten Kündigungsfristen für Großanleger in Immobilien-Publikumsfonds. Bisher konnten manche Institutionelle diese Fonds für die kurzfristige Anlage von Liquidität missbrauchen und verwässerten damit die Rendite langfristig engagierter Privatanleger. Dieser Praxis würde mit den neuen Regeln ein Riegel vorgeschoben.
(Börsen-Zeitung, 19.1.2007)
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