Börsen-Zeitung: Indizes als kostenlose Ware, Kommentar zum Streit um Lizenzgebühren von Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots)
Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt im Streit zwischen der Commerzbank und der Deutschen Börse um die Entgelte für die Nutzung von Indizes ist so ausgefallen, wie aus Sicht des Marktbetreibers zu befürchten war. Wie schon in der mündlichen Verhandlung erkennbar war, folgte das Gericht der Argumentation der Commerzbank, die in einem ersten Prozess noch verloren hatte. Nach der Entscheidung, die nicht rechtskräftig ist und für die Revision ausdrücklich zugelassen wird, hat die Commerzbank das Recht, den Dax entgeltfrei bei der Emission von Optionsscheinen zu verwenden, sofern sie "in sachlicher und beschreibender Form darauf hinweist, dass die Bezugsgröße der Wertpapiere der Dax ist".
Die Argumentation der Deutschen Börse, nach der der Dax eine wettbewerbsrechtlich geschützte Leistung darstellt, deren zustimmungslose Nutzung wettbewerbswidrig sei, wurde verworfen. Für den Marktbetreiber bedeutet dies einen schweren Rückschlag. Sollte das Urteil vom Bundesgerichtshof bestätigt werden, droht ihm ein erheblicher Anteil der Indexlizenz-Einnahmen verloren zu gehen. Allerdings darf dies auch nicht überbewertet werden. Laut dem Unternehmen ist ein Einnahmenausfall im hohen einstelligen Millionenbereich denkbar. Zum Vergleich: Analysten prognostizieren der Deutschen Börse dieses Jahr ein Ebit (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von rund 1,2 Mrd. Euro.
Dennoch ist das Urteil brisant. Denn betroffen ist nicht nur die Deutsche Börse, sondern auch andere Index-Anbieter wie Stoxx und Standard&Poor's. Für einen reinen Index-Anbieter wie Stoxx wären die Ausfälle sehr schmerzhaft. Hinzu kommen grundsätzliche Fragen, wenn Indizes vor Gericht zur kostenlosen Ware deklariert werden. Welche Motivation soll noch bestehen, Indizes zu kreieren und mit dem gebotenen Aufwand zu pflegen, wenn für ihre Nutzung unter bestimmten Umständen keine Entgelte bezahlt werden müssen?
Unmittelbar besteht weiterhin das Problem, dass es keine klare Rechtsbasis für die Index-Entgelte gibt. Denn es ist zu vermuten, dass die Deutsche Börse die Möglichkeit der Revision nutzen wird. Mit dem Bundesgerichtshof wird zwar die höchste Instanz erreicht. Angesichts des Prozessstaus, der sich dort aufgebaut hat, wird jedoch befürchtet, dass noch zwei Jahre verstreichen, bis ein Urteil vorliegt.
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