Börsen-Zeitung: Führungsproblem, Kommentar zu Aufsichtsrat und Rekordergebnis der Commerzbank von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Die Commerzbank bekommt in absehbarer Zeit ein Führungsproblem. Laut Geschäftsordnung soll die Amtszeit eines Aufsichtsratsmitglieds nicht über die Vollendung des 72. Lebensjahrs hinausgehen. Martin Kohlhaussen, Vorsitzender des Kontrollorgans und bis 2008 gewählt, wird im November 72. Wie glaubwürdig wären Regeln, die - und seien es Sollvorschriften - allzu "pragmatisch" ausgelegt würden? Also ein Nichtbanker als Aufsichtsratschef einer Bank? Wegen der Komplexität der Geschäfte und des regulatorischen Rahmens eher schwierig, weiß Vorstandssprecher Klaus-Peter Müller. Die Lösung könnte Klaus Müller-Gebel heißen, derzeit einfaches Aufsichtsratsmitglied. Der hat noch gut zwei Jahre Zeit bis zum 72. Geburtstag. Bis zu Müllers Vertragsablauf 2010 reicht es aber auch bei dem früheren Vorstandsmitglied nicht, sollte sich der Aufsichtsrat an seine eigenen Empfehlungen halten wollen.
Dass deshalb nun Müller vorzeitig den Hut wechseln könnte, wäre wohl dennoch ein Trugschluss. Wahrscheinlicher ist, dass er überhaupt nicht den Hut wechselt. Der 62-Jährige dürfte weniger aus Corporate-Governance-Überlegungen als vielmehr vor allem aufgrund der persönlichen Lebensplanung jenseits der 65 Besseres zu tun haben, als dem Nachfolger auf die Finger zu gucken. Und vorher? Müller hat so viel Spaß am Job, dass er bis zum letzten Tag seiner Bestellung weitermachen wird - sofern man ihn lässt. Und warum sollte man ihn nicht lassen? Zwar weist das Zahlenwerk für 2006 noch manchen Mangel auf: Die Risikovorsorge ist dreimal so hoch wie jene der Deutschen Bank, das Ergebnis der Sparte Privat- und Geschäftskunden sieht grottenschlecht aus. Aber unterm Strich ist die Entwicklung der Müller-Bank erfolgreich, zumal wenn man bedenkt, von welch unterirdischen Niveaus sie kommt. Heute sind die Gelben gut unterwegs zu der spätestens für 2010 angepeilten Eigenkapitalrendite von 15% nach Steuern.
Doch auch jenseits der Rendite bleibt noch viel zu tun. Eine "Verpflichtung des Vorstands" sei es, tat Müller im vorigen Jahr kund, mehr an die Aktionäre auszuschütten, als in Wertberichtigungen zu stecken. Für das abgelaufene Jahr liegt die Risikovorsorge mit 878 Mill. zu 493 Mill. Euro noch klar vorne. Zurück zum Führungsproblem: Als Lösung kommt dann wohl nur die "Börsig-Variante" in Frage. Zu knapp besetzt ist der achtköpfige Commerzbank-Vorstand ja nicht. Herr Strutz, übernehmen Sie!
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