Börsen-Zeitung: Mehr als ein Hauch von Krise, Kommentar zu den Stabilitätsrisiken für das Bankensystem von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
So aktuell war die Bundesbank noch nie mit ihrem Geschäftsbericht. Wir schreiben den 14. März, und die Währungsbehörde geht in ihrer Jahresbilanz bereits auf die Entwicklung an den Finanzmärkten bis Anfang März ein. Fürs Publikum erhöht das den Reiz, das Konvolut, das früher schon beim Erscheinen oft nur noch historischen Wert hatte, auch zu lesen, bevor es im Bücherregal verschwindet.
Geradezu brandaktuell ist der Hinweis auf die Stabilitätsrisiken für das Bankensystem. Ein Hauch von Krise wabert durch die Finanzwelt, wohl eher schon mehr als ein Hauch, und sorgt für Unsicherheit an den Märkten. Die rasante Verschärfung der Lage im US-Hypothekensektor ruft böse Erinnerungen an frühere Notlagen im Kreditgewerbe diverser Länder wach. Nur ist heute die internationale Verflechtung gerade der Banken ungleich enger und die Ansteckungsgefahr entsprechend größer. Die Kreditlinien seien mit Sicherheiten unterlegt, lautet die Standardauskunft großer Gläubiger. Doch wie weit reichen die Sicherheiten, wenn etwa die Akteure im amerikanischen Subprime-Bereich, die Wohneigentum für klamme Schuldner finanziert haben, umkippen sollten wie die Dominosteine und die Kalamitäten anschließend gar auf den Gesamtmarkt übergriffen?
Gewiss haben - das wird seitens der Bankenaufsicht bestätigt - gerade die Global Player enorme Fortschritte im Risikomanagement gemacht. Noch nicht gelungen ist es freilich, die Risiken einfach wegzuzaubern. Diese sind zwar anscheinend nicht mehr in dem Maße in den Büchern der Banken, wie es hierzulande zu Beginn des Jahrzehnts auf besorgniserregende Weise der Fall war. Aber die Risiken sind nach wie vor im System - nicht selten bei Investoren, die sogar für die Aufseher kaum zu identifizieren, geschweige denn zu kontrollieren sind. Und das sind Adressen - nicht zuletzt Hedgefonds -, deren Geschäfte wiederum von Banken finanziert werden, auch wenn große deutsche Häuser versichern, sie gingen keine oder fast keine einschlägigen Risiken ein.
Eine Wende im Kreditqualitätszyklus nennt die Bundesbank als ein Hauptrisiko für die Stabilität des Bankensystems. Wie es aussieht, ist die Wende zumindest in Teilmärkten längst Realität. Vielleicht ging es den Banken schon wieder zu gut. Denn je besser die Lage, desto eher werden die Ursachen für die Schieflagen von morgen herbeigeführt.
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