Börsen-Zeitung: Kampf der Rechenkünstler, Kommentar zu den Hürden beim Börsengang der RAG-Industriesparte von Christoph Ruhkamp
Frankfurt (ots)
Damit es zum Börsengang der Industriesparte des RAG-Konzerns kommen kann, muss die Option einer Zerschlagung ausgeräumt werden. Vorstandschef Werner Müller ist es dabei weitgehend gelungen darzulegen, dass ein IPO längerfristig den höheren Erlös einbringen würde, um damit die Abwicklung des Steinkohlebergbaus zu finanzieren. Zwar hatte ein vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten des Wirtschaftsprüfers Susat ergeben, dass von der Filetierung 5,9 Mrd. Euro und vom Börsengang nur 5,1 Mrd. Euro zu erwarten wären.
Dabei wurden aber jene Kosten nicht berücksichtigt, die bei der Abwicklung der mangels Interesse nicht veräußerbaren Konzernteile, insbesondere der Zentrale mit ihren Steuerungsfunktionen, anfallen würden - etwa für den Personalabbau. Des Weiteren blieb außer Acht, dass die noch zu gründende Stiftung langfristig mit einer Sperrminorität am börsennotierten Industriekonzern beteiligt bleibt und deshalb auch an dessen absehbaren Wertsteigerungen teilhaben wird, die auf 13% jährlich geschätzt werden. Zudem wäre die Zerschlagung kaum durchsetzbar, da im Aufsichtsrat montan mitbestimmt wird von der IG BCE.
Allerdings gibt es auch Anhaltspunkte dafür, dass der vom Wirtschaftsprüfer Susat berechnete Zerschlagungserlös eine konservative Schätzung darstellt. Wurde doch in den letzten Wochen milliardenschweres Interesse strategischer Investoren an den Konzernteilen kolportiert: Lanxess soll für die Chemiesparte Degussa etwa 5 Mrd. Euro zu zahlen bereit sein. EnBW wird ein mögliches Interesse am Stromerzeuger Steag in Höhe von 4 Mrd. Euro nachgesagt. Und der Wohnungsbestand der RAG ist angesichts der aktuellen Transaktionspreise rund 4 Mrd. Euro wert. Abzuziehen wären von alledem allerdings noch Konzernschulden von insgesamt 5 Mrd. Euro. Angesichts dieses Kampfs der Rechenkünstler wird die Entscheidung zwischen Börsengang und Zerschlagung letztlich eine politische sein müssen. Zwar könnte der Konzern auch nach einem IPO von Finanzinvestoren angegriffen werden; davor bietet aber die anfängliche Mehrheit der Stiftung guten Schutz. Dem Szenario einer Filetierung mit recht sicher absehbarem Personalabbau steht also das Zukunftsbild eines weiteren Dax-Konzerns in Nordrhein-Westfalen mit guten Wachstumschancen gegenüber.
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