Börsen-Zeitung: Substanzielle Korrekturen, Kommentar von Reinhard Kuls zur positiven Revision der Wachstumsprognosen der Konjunkturauguren
Frankfurt (ots)
Der Revisionsbedarf muss enorm gewesen sein. Denn um gleich 3 Basispunkte ging die Prognose der Bankenvolkswirte und Forschungseinrichtungen zum 2007er-Wirtschaftswachstum in der Eurozone nach oben. Und das etwa nicht nur im simplen Durchschnitt, sondern im sogenannten Median. Dieses gewichtete Mittel negiert die Extremwerte des Prognosespektrums zwar nicht völlig, misst ihnen aber einen geringeren Anteil am Gesamtresultat bei. Dies bedeutet im konkreten Fall, dass die Vorhersagen der Konjunkturauguren substanziell nach oben revidiert worden sind und nicht etwa nur das Gesamtbild durch irgendeinen exotischen Ausreißer verschoben wird.
Noch ein Punkt an der neuen Prognoseübersicht ist beachtenswert. Diese Positivkorrektur in den Erwartungen der Ökonomen erfolgte innerhalb von nur acht Wochen. Denn erst Anfang Februar war das bisher gültige Tableau der Börsen-Zeitung zur Eurozone veröffentlicht worden. Hier nun aber ein Klagelied anstimmen zu wollen über die Unzuverlässigkeit der Auguren, die immer einem Herdentrieb folgend in die gleiche, falsche Richtung rennen, wäre so billig wie unangebracht. Schließlich ist seit der vorangegangenen Zusammenstellung einiges passiert in der Welt der Konjunkturanalyse. So hat das statistische Amt der EU, Eurostat, erst kürzlich erste Angaben zum eurozonenweiten Wirtschaftswachstum im Schlussquartal 2006 gemacht. Und das hat sogar noch die zuversichtlichsten Prognosen übertroffen: Der Euroraum ist mit erheblich stärkerem Schwung ins neue Jahr gestürmt als bislang bekannt. Und seither ist, dies zeigen die aktuellen Stimmungsindikatoren, auch kein Nachlassen der Grunddynamik zu verspüren.
Es gibt also durchaus Gründe für die Zuversicht, die sich bei den meisten Konjunkturexperten nun breitgemacht hat. Sicher, es gibt Risiken. Wenn etwa die inzwischen moderater wachsende US-Wirtschaft doch die Grätsche macht, werden die Auswirkungen auch in Euroland zu spüren sein. Aber, anders als noch vor rund fünf bis sechs Jahren, wären die Bremsspuren diesseits des Atlantiks wohl nicht mehr so dick: Euroland hat seine direkte Abhängigkeit von der US-Konjunktur verringert, und auch indirekt ist sie nicht mehr so groß. Im Gegenteil, die Nachfrage in den "neuen" Absatzmärkten Eurolands floriert: darauf setzen nun die Auguren - und vermutlich zu Recht.
(Börsen-Zeitung, 4.4.2007)
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