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Börsen-Zeitung: Zu logisch und zu einfach Kommentar zur Besteuerung von Investmentfonds, von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Die Bundesregierung bereitet den nächsten Schlag
gegen die Fondssparer, die Investmentanlage und den Finanzplatz 
Deutschland vor. Als Keule dient die geplante jährliche Besteuerung 
der Erträge thesaurierender Fonds auch nach Einführung der 
Abgeltungssteuer. Das Thema beschäftigt dieser Tage den 
Finanzausschuss des Bundestages.
Die Problematik ist nur zu verstehen, wenn man fünf Jahrzehnte 
zurückblickt. 1958 brachte die Fondsgesellschaft Dit als 
Produktinnovation den Aktienfonds Thesaurus heraus, der Erträge 
wieder im Fonds anlegt. Der Fiskus guckte in die Röhre: 
Ausschüttungen, die der Einkommensteuer hätten unterliegen können, 
gab es nicht; wurden Erträge durch Anteilsrückgabe realisiert, 
blieben sie als Veräußerungsgewinn ebenfalls steuerfrei (damals nach 
sechs Monaten). So kam es 1960 zur "Lex Thesaurus". Das 
Änderungsgesetz führte eine Zuflussfiktion ein: Erträge müssen 
versteuert werden, obwohl sie dem Anleger vorerst nicht zufließen.
Nun würde mit der Abgeltungssteuer der Grund für diese Art der 
Besteuerung entfallen, denn über den künftig generell 
steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erhielten die Finanzämter ja 
Zugriff auf thesaurierte Erträge. Doch warum einfach, wenn es 
kompliziert geht? Berlin will die Zuflussfiktion beibehalten. Damit 
es dann beim Fondsverkauf nicht zur Doppelbesteuerung kommt, muss der
Veräußerungsgewinn mit früher versteuerten Erträgen verrechnet 
werden. Eine gigantische neue Steuerbürokratie zulasten von 
Fondssparern und Fondsgesellschaften (und von Finanzämtern) wäre die 
Folge - wo doch die Abgeltungssteuer gerade zur Vereinfachung 
beitragen soll!
Der Exodus der deutschen Fondsproduktion in Richtung Luxemburg 
ginge weiter. Obendrein treibt man auf diese Weise Investmentsparer 
in andere Anlageformen, denn im Vergleich zu 
Kapitallebensversicherungen, für die keine Zuflussfiktion gilt, und 
Zertifikaten, bei denen nur der Wertzuwachs der Abgeltungssteuer 
unterliegt, würde die Fondsanlage klar diskriminiert.
Deshalb ein Tipp für das laufende Gesetzgebungsverfahren: Es 
bleibt bei der Lex Thesaurus, aber die Regierung verzichtet darauf, 
Veräußerungsgewinne nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist der
Abgeltungssteuer zu unterwerfen. Das wäre logisch und einfach, und 
alle Betroffenen wären zufrieden. Oder ist das für deutsche 
Finanzpolitiker zu logisch und zu einfach?
(Börsen-Zeitung, 24.4.2007)

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