Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" kommentiert in seiner Ausgabe vom 2. November 2011 das geplante Referendum der Griechen zu den Hilfen der Euro-Partner:
Bremen (ots)
Eine Ouzo-Idee
von Joerg Helge Wagner
Danke, Giorgos Papandreou! Danke, dass Sie nun den endgültigen Beweis Ihrer Unfähigkeit erbracht haben, Ihr Land aus seiner schlimmsten Krise zu führen! Richtig: führen! Das ist das Gegenteil vom Befragen der Frösche, ob man den Sumpf trockenlegen darf. In Ihrem Fall ist ja selbst dieses Bild zu schwach: Sie verhalten sich wie der Besitzer eines lichterloh brennenden Hauses, der erst einmal die Meinung der Mieter einholen möchte, ob sie mögliche Löschwasserschäden tolerieren. Und die sollen sich bei der Meinungsbildung bitte schön Zeit lassen - ist doch egal, wenn inzwischen auch die Nachbargebäude Feuer fangen. Mit Verlaub, Herr Ministerpräsident: Ihr Vorschlag einer Volksbefragung über die internationalen Hilfszusagen für Ihr Land ist eine ausgesprochene Ouzo-Idee, hochprozentiger Unsinn. Daran ändert auch der wohlfeile Applaus eines deutschen Oppositionspolitikers nichts - Jürgen Trittin muss ja nicht regieren, führen, Probleme lösen. In einem Punkt hat er allerdings recht: Das Gebot der Stunde ist es, die Zukunft für die normale griechische Bevölkerung zu entwickeln. Das aber muss rasch gehen, sonst geht Ihr Staat noch rascher den Bach runter. Sie, Herr Ministerpräsident, müssen jetzt - ja: jetzt! - mit Ihrem Kabinett und den Euro-Partnern die Details des Deals "Hilfe bei Sparwillen" aushandeln. Eine Volksbefragung in drei Monaten hilft da keinen Millimeter weiter. Wie wollen Sie denn bis dahin Ihre letzte Hoffnung, die noch nicht dauerstreikenden Staatsangestellten, bezahlen? Ihre Euro-Partner, die Sie jetzt so nonchalant überrascht haben, werden kaum einen weiteren Überbrückungskredit locker machen. Die werden nicht auf die griechischen Wutbürger achten, sondern auf ihre eigenen. Seien Sie froh, dass noch keiner in Frankreich, Deutschland, Österreich oder Holland nach einem Referendum über die hellenischen Hilfspakete ruft. In diesen Paketen - das erste wurde im März 2010 geschnürt - liegen übrigens mittlerweile 268,4 Milliarden Euro. Und die Hälfte der Schulden soll auch noch erlassen werden. Zum Vergleich: Irland bekam 85 Milliarden Euro, Portugal 80 Milliarden. Die Iren und Portugiesen haben das dankbar angenommen und ihre Volkswirtschaften saniert. Sie haben nicht wochenlang auf den Straßen von Dublin oder Lissabon randaliert und sich dann gefragt, ob sie die Bedingungen für die Stütze akzeptabel finden. Was also, Herr Papandreou, wenn Ihr Volk die mühsam ausgehandelten Hilfen ablehnt? Einfach aus der Euro-Zone austreten und die olle Drachme wieder einführen geht nicht. Sie müssten schon die ganze EU verlassen. Und glauben Sie mir: Dort wächst die Zahl der Menschen, die klammheimlich hoffen, dass es so kommt. joerg-helge.wagner@weser-kurier.de
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