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Weser-Kurier: Kommentar zum Plus im Gesundheitssystem

Bremen (ots)

Reserven von 19,5 Milliarden Euro im Gesundheitssystem - das klingt gigantisch und weckt jede Menge Begehrlichkeiten. Leider lassen dabei viele Politiker und Lobbyisten die notwendige Differenzierung vermissen - sei es aus Kalkül, sei es aus Unkenntnis. Beispiel Gesundheitsfonds, der ein Polster von 9,5 Milliarden angesammelt hat. Fünf Milliarden davon dürfen erst gar nicht angetastet werden, sie sind als Rücklage gesetzlich vorgeschrieben. Den Krankenkassen geht es ähnlich. Sie müssen 25 Prozent einer Monatsausgabe als Mindestreserve zurücklegen. Viele Kassen haben deswegen keinen allzu großen Spielraum. Und wenn sie einen haben, halten sie sich dennoch mit der Ausschüttung von Prämien zurück und gehen lieber auf Nummer sicher. Das aber liegt am System. Nichts ist schlimmer für sie, als in schlechten Zeiten Zusatzbeiträge zu kassieren. Die Mitglieder laufen dann in Scharen davon. Das wurde schon einigen Kassen zum Verhängnis, die es heute nicht mehr gibt. Die beste Medizin gegen Zusatzbeiträge ist nun mal das Fettansetzen. Trotzdem lohnt es sich, über Entlastungen der Beitragszahler nachzudenken. Ein Schritt, der sich relativ schnell umsetzen lässt: Die Praxisgebühr, die gut zwei Milliarden Euro im Jahr einbringt, muss weg. Als sie 2004 eingeführt wurde, ging es nicht nur darum, mehr Geld ins Gesundheitssystem zu schleusen. Ziel war immer auch, dass die Patienten ihr Verhalten ändern. Der Anreiz, wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt zu gehen, sollte sinken. Doch mit diesem Vorhaben ist die Politik grandios gescheitert. Wenn die ungeliebte Gebühr überhaupt etwas geändert hat, dann zum Schlechten hin: Vor allem arme Menschen verzichten auf den Arztbesuch oder schieben ihn auf. Und das, obwohl es Regeln gibt, um soziale Härten zu vermeiden. Die Ärzte wiederum klagen zu Recht über einen enormen bürokratischen Aufwand. Diese unsinnige Gebühr abzuschaffen, wäre aber nur ein Anfang. Das derzeitige System mit Einheitsbeitrag, Zusatzbeiträgen und Prämien taugt wenig. Nach der Bundestagswahl 2013 werden die Karten neu gemischt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die FDP dann nicht mehr den Gesundheitsminister stellen. Und die FDP ist die letzte Partei, die den Zusatzbeitrag wirklich noch will. Dieser dürfte zuerst gekippt werden - Nachweinen müsste man ihm nicht.

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