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Weser-Kurier: Kommentar zum Prozessauftakt gegen Breivik

Bremen (ots)

Der Massenmord von Utøya ist nicht der erste Fall, der das gesunde Rechtsempfinden auf eine harte Probe stellt. Was sind das für Menschen, die bestialisch töten, hinrichten, abschlachten, quälen, die Babys vergewaltigen, verhungern lassen oder totschlagen? Auch wenn man es nicht wahrhaben mag, es sind Menschen, die derart Unmenschliches verbrechen. Die meisten sind schwer gestört, manche weder des Mitleids noch der Reue fähig. Doch Breiviks Tat sowie sein Auftritt vor Gericht lehren selbst Hartgesottene das Fürchten. Wie soll die Gesellschaft mit derartigen Monströsitäten umgehen? Wie sollen die Angehörigen der Opfer diesen Prozess ertragen? Muss der Rechtsstaat hier nicht versagen - einerlei, ob Breivik wirklich wahnsinnig ist oder nicht? Eine von einem Gericht verhängte Strafe hat das Ziel, Gerechtigkeit wiederherzustellen und - wo es möglich ist - Erlittenes wiedergutzumachen. Sie soll andere abschrecken und Tätern zu Einsicht und Reue verhelfen. Alles das ist im Fall Breivik irrelevant, ja, schier unmöglich. Schon allein die Vorstellung, diesen Mann buchstäblich zu verteidigen, scheint indiskutabel. Aber so unerträglich der Gedanke auch scheint: Breivik muss darauf vertrauen können, dass ihm ein fairer Prozess gemacht wird, dass die Richter kein vorgefertiges Urteil im Kopf haben und dass ihm Anwälte zur Seite stehen, die seine Interessen vertreten. Es ist eine Errungenschaft der Zivilisation, Gleiches nicht mit Gleichem zu vergelten. Gerade jene, die sich der demokratischen Rechtsstaatlichkeit mit Gewalt entziehen, können nur mit den Mitteln der Demokratie belehrt werden. Man muss kein Pessimist sein, um zu ahnen, dass die Verhandlung und die Verurteilung Breiviks kein Attentat und kein Massaker verhindern werden können. Sie werden Rassisten nicht läutern, Neonazis nicht zum Nachdenken bringen, sie werden Hass und Fanatismus nicht mildern. Und doch werden sie viel erreichen: Die Demokratie wird einmal mehr beweisen, wie stabil sie und was auszuhalten sie imstande ist. Ohne sich beirren zu lassen, dass ein jeder Mensch unverbrüchliche Rechte hat. Selbst ein Mensch wie Breivik, der anderen sogar das Recht zu leben genommen hat.

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