Weser-Kurier: Kommentar zur Vorratsdatenspeicherung
Bremen (ots)
Brüssel droht, Ministerkollege Hans-Peter Friedrich zetert, die Koalition streitet - doch Justizministerium Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bewegt sich beim Thema Vorratsdatenspeicherung keinen Millimeter. Und das ist gut so. Denn die Argumente der Datensammel-Anhänger sind keineswegs so überzeugend, wie sie auf den ersten Blick scheinen. So heißt es von Seiten der Vorratsdaten-Befürworter, Deutschland als führende EU-Nation dürfe nicht mit schlechtem Beispiel vorangehen und europäisches Recht sabotieren. Allerdings: Es gibt Experten wie den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, der gute Argumente dafür hat, dass die aktuelle EU-Richtlinie für das Datensammeln gegen europäisches Recht verstößt. Stichwort Terrorgefahr: Die sei ohne Vorratsdatenspeicherung nur schwer zu bekämpfen, wird gesagt. Doch gerade deutsche Ermittler haben gegen islamistische Terrorhelfer beeindruckende Erfolge erzielt. Weniger erfreulich fällt die Bilanz beim Terror von Rechts aus. Bei den Ermittlungen gegen die Zwickauer NSU-Gruppe gab es reihenweise Pannen. Doch es fehlten keine Daten, es fehlte der Durchblick. Delikte wie die Verbreitung von Kinderpornografie ließen sich ohne Online-Verbindungsdaten nicht aufklären, wird auch gern gesagt. Das Argument stimmt, zieht aber nicht. Wer sich zu widerlichen Bildern hingezogen fühlt, macht das regelmäßig. Die Polizei verfolgt solche Täter im Netz, aber sie braucht dafür keine bevorrateten Daten. Natürlich müssen solche Ermittlungen möglich sein, doch deshalb muss man nicht Millionen von Bürgern unter Generalverdacht stellen. Selbst manche FDP-Mitstreiter meinen, Leutheusser-Schnarrenberger habe sich mit ihrer vehementen Ablehnung der anlasslosen Datenspeicherung verrannt. Die Gründe für ihre klare Position sind weniger parteipolitisch motiviert, sie sind auch sehr persönlich: Immerhin gehörte die liberale Ministerin zu den Klägern gegen das erste Vorratsdaten-Gesetz aus den Zeiten der Großen Koalition. Sie ist eben Überzeugungstäterin im besten Sinne. Das macht eine Kompromisslösung, wie sie die Koalition bis zum Sommer finden will, nicht einfacher.
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