Weser-Kurier: Kommentar zur Ministerpräsidentenwahl in Kiel
Bremen (ots)
Wieder gab es eine Panne, doch diesmal erwischte es nicht den Kandidaten, diesmal war der NDR dran. Kein Bild, kein Ton aus dem Kieler Landeshaus, hieß es nur 13 Minuten nach Beginn der Live-Übertragung von der Wahl des neuen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig. Ein technischer Defekt am Übertragungswagen hatte verhindert, dass die so reibungslos verlaufene Abstimmung zeitgleich im Fernsehen zu verfolgen war. Und während der NDR seine Zuschauer mit Landschaftsbildern vertröstete, war der SPD-Kandidat längst gewählt - gleich im ersten Wahlgang. Der "Heide-Mörder" von 2005, obwohl immer noch nicht gefasst, hatte diesmal nicht zugeschlagen. Damit war die wahlweise Dänen- oder Schleswig-Holstein-Ampel genannte rot-grün-blaue Koalition perfekt, die schon vor sieben Jahren das Land hätte regieren sollen. Heide Simonis, das Opfer von damals, war gestern wahrscheinlich nervöser als der nun ins Ministerpräsidentenamt gewählte Albig. Ohnehin wird dem gebürtigen Bremer, der eine steile Karriere in der SPD hingelegt hat, ja viel Pragmatismus nachgesagt. Nun muss er beweisen, dass er nicht nur die Stadt Kiel, sondern das gesamte Land zwischen Nord- und Ostsee führen kann. Zuzutrauen ist Albig das, schließlich hat er bereits viel Erfahrung im Umgang mit Verwaltungsbehörden und Ministerien. Und Albig gilt als fair. Ob im Umgang mit dem politischen Gegner oder mit parteiinternen Rivalen - nie hat er bisher verbrannte Erde hinterlassen. Auch der Zuschnitt seines Kabinetts lässt sein taktisches Geschick erkennen. Das Justizministerium für den erstmals mitregierenden Südschleswigschen Wählerband SSW, Finanzen und Energie für die Grünen - Albig zeigt sich generös im Umgang mit seinen Koalitionspartnern. So könnte es ihm durchaus gelingen, selbst mit der knappen Einstimmen-Mehrheit solide regieren zu können. Und dann und wann auch auf Unterstützung der Piraten zu hoffen, denn schließlich erhielt er wohl auch von ihnen einen Vertrauensvorschuss. Kein schlechter Start.
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