Weser-Kurier: Zur zyprischen Schuldenkrise schreibt der Bremer WESER-KURIER:
Bremen (ots)
Der Rettungsplan für die Pleite-Insel Zypern ist ein riskanter Tabubruch: Zum ersten Mal sollen Sparer per Zwangsabgabe zur Sanierung eines Krisenstaates herangezogen werden. Eigentlich sollte es dabei um Gerechtigkeit gehen. Die Insel steht im Ruf, ein Dorado der Schwarzgeldwäsche für reiche Russen zu sein. Und Oligarchen sollte der Steuerzahler in Deutschland und anderswo nicht retten müssen. So entstand die Forderung nach einer Bürgerbeteiligung. Das ist ein Vertrauensbruch sondergleichen. Denn in der gesamten EU besteht eine - in der Finanzkrise etablierte - Einlagengarantie für Guthaben bis zu 100<ET>000<ET>Euro, wenn Banken in eine Schieflage geraten. Nun setzt sich die Eurogruppe darüber hinweg. Der Fall Zypern könnte einen Dammbruch nach sich ziehen: Warum sollen Menschen in Spanien, Italien oder auch in Deutschland glauben, dass sie im Ernstfall nicht auch zahlen müssen? Schließlich bürgt Deutschland inzwischen mit mehr als 100 Milliarden Euro für die Stabilisierung der kriselnden Eurostaaten. Würden diese Garantien fällig, wäre selbst die stärkste Volkswirtschaft des Kontinents in akuten Schwierigkeiten. Dass die Frage nach dem Zypern-Beschluss nicht ganz abwegig ist, zeigt die Reaktion von Bundeskanzlerin Angela Merkel: Für deutsche Sparer und ihr Vermögen gebe es keine Gefahren, lautet ihre Botschaft. Dabei haben Merkel und die anderen führenden Politiker der Eurogruppe die Verunsicherungen ohne Not geschürt: Mit Freibeträgen für zyprische Durchschnittssparer wären überhaupt keine Diskussionen ausgelöst worden. Darauf zu verzichten, war ein grober Fehler - auch kein Ehrenwort der Kanzlerin kann ihn wiedergutmachen. Müssen zyprische Sparer einen erheblichen Teil ihrer Vermögen an den Staat abführen, gibt es auch für Bürger anderer Länder keine Sicherheit mehr. So könnte der Zypern-Beschluss die Schulden- und Bankenkrise wieder anheizen statt sie weiter zu entschärfen. Denn nicht nur viele Zyprer werden sich künftig davor hüten, den Banken ihrer Länder ihr Vermögen anzuvertrauen.
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