Weser-Kurier: Zu den deutsch-chinesischen Beziehungen schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 27. Mai 2013:
Bremen (ots)
Was für eine Ehre. Als erstes und einziges Land in der EU hat Li Keqiang auf seiner ersten Reise als Chinas neuer Regierungschef Deutschland ausgewählt. Das hat mehr als nur symbolische Bedeutung - sollte aber nicht überbewertet werden. In erster Linie spielen wirtschaftliche Gründe eine Rolle. Deutschland ist Chinas größter Handelspartner in Europa. Und im Gepäck hat Li denn auch eine Reihe von Wirtschaftsverträgen. Das Vertragsvolumen soll sich auf insgesamt fast fünf Milliarden Euro summieren. Aber auch politisch hält Chinas neuer Regierungschef viel von der Bundesregierung. Die Kanzlerin wirkt auf Li etwa in der Eurokrise eisern und durchsetzungsstark - Eigenschaften, die er auch für sich anstrebt. Nicht einmal der Streit über EU-Strafzölle auf angeblich zu billige Solareinfuhren aus der Volksrepublik scheint das Verhältnis zu trüben. Im Gegenteil: Obwohl mit dem Bonner Unternehmen Solarworld ein deutsches Unternehmen den Handelsstreit angefacht hat, haben sich Bundesregierung und eine Mehrheit der deutschen Industrie nun ausdrücklich gegen Strafzölle auf chinesische Solarimporte ausgesprochen. Sie machen sich in Brüssel sogar zu Chinas Fürsprecher. Li Keqiang dankt es der Bundesregierung. Im Gespräch mit Merkel zieht er sie ins Vertrauen und bespricht mit ihr nicht nur die Handelskonflikte, sondern auch den Krieg in Syrien und selbst den eigenen Inselstreit mit Japan. Auf internationalem Parkett wertet China Deutschland auf. Im Handelsstreit setzt es mehr auf die politische Schlagkraft der Kanzlerin als auf direkte Verhandlungen mit der EU. Nach Brüssel schickt Li heute lediglich seinen stellvertretenden Handelsminister. Doch die Kanzlerin sollte sich nicht zu sehr von Chinas charmanten Regierungschef vereinnahmen lassen. So starr und langatmig die politischen Prozesse in Brüssel sind - die guten Handelszahlen mit China sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wichtigsten Verbündeten und größten Handelspartner Deutschlands immer noch die europäischen Nachbarn sind. Und die sollte Berlin wegen China nicht allzu leichtsinnig verprellen.
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