Weser-Kurier: Zum Bahn-Urteil schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 27. September 2013:
Bremen (ots)
Verspätung ist Verspätung. Das ist endlich mal eine klare Ansage. Egal ob Hochwasser, Eis oder Sturm. Wenn ein Zug unpünktlich ist, muss die Bahn ihren Passagieren künftig den Fahrpreis erstatten. Zumindest zum Teil. Bei Fällen höherer Gewalt gelten jetzt dieselben Regeln wie bei Verspätungen, für die die Bahn selbst verantwortlich ist. Das macht es im Falle eines Falles sicher leichter und erspart nervige Diskussionen über die juristische Definition des Verspätungsgrundes. Hitze im Sommer, vereiste Weichen im Winter - nasses Laub im Herbst. Vielleicht kommt die Bahn jetzt endlich auf den Trichter, dass sich auch gegen nur selten schwer vorhersehbare Wetterkapriolen etwas tun lässt. Schließlich zahlen Bahnfahrer nicht nur für die Beförderung, sondern auch für eine Leistung, die sie dann eben nicht bekommen: die pünktliche Ankunft. Pünktlichkeit ist kein Selbstzweck. Häufig muss man einen Anschluss erreichen, fährt zu einem wichtigen Termin oder will in den Urlaub düsen. Deshalb ist es sicher nur gerecht, dass es nun wenigstens Geld zurück gibt, wenn der Anschlusszug wieder nicht gewartet hat. Von einer Entschädigung für Folgeschäden ist im Urteil übrigens nicht die Rede. Die bleibt bei höherer Gewalt auch künftig ausgeschlossen. Es geht hier lediglich um eine Teilerstattung der Fahrkarte. Nur wer schon einmal vorzugsweise zu später Stunde in einer XXL-Schlange vor dem einzigen geöffneten Service-Schalter gestanden hat, um sich die erforderliche Verspätungsbestätigung abzuholen, wird sich wahrscheinlich beim nächsten Mal überlegen, ob er sich diesen Stress schon wieder antut. Zufall oder Absicht? Dienstleistung ist leider sowieso nicht unbedingt die größte Stärke der Deutschen Bahn. Und Service lässt sich auch nicht von Gerichts wegen verordnen. Schön, dass die Bahn angekündigt hat, den Richterspruch aus Luxemburg unverzüglich umzusetzen. Einen Haken hat das Urteil allerdings: Wer wird am Ende die Entschädigungen für Zugverspätungen zahlen? Genau, das Bahnfahren könnte teurer werden. Es sei denn, es gibt demnächst keine unpünktlichen Züge mehr.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de
Original-Content von: Weser-Kurier, übermittelt durch news aktuell