Weser-Kurier: Zum Protest der Hamburger Einzelhändler schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 10. Dezember 2013:
Bremen (ots)
Es ist so schön bequem. Und so vermeintlich günstig. Die Konsumwelt unserer Tage ist virtuell, das moderne Kaufhaus liegt im Internet und hat nie Ladenschluss. Freilich: Dass der Boom des Online-Shoppings nicht ohne Folgen für den angestammten Einzelhandel bleiben kann, haben wir alle gewusst, aber erfolgreich verdrängt. Daher ist es gut, dass Ladenbesitzer in Hamburg ein deutliches Signal senden wollen. Immer mehr Inhaber traditioneller Fachgeschäfte stehen wirtschaftlich mit dem Rücken an der Wand. Viele Kunden des 21. Jahrhunderts begreifen sich eben vor allem als Schnäppchenjäger, bei dem nicht selten das Mittel den Zweck heiligt. Da wird im Geschäft um die Ecke Ware begutachtet, angefasst, womöglich eine kostenlose Beratung genossen - um daheim per Mausklick das Vergleichsportal zu bemühen. Und siehe da: Dutzendfach unterbieten Online-Händler den Preis des Ladengeschäfts. Schlechtes Gewissen? Kaum. Dabei wissen wir Konsumenten doch, dass die Billigheimer im Internet nicht zaubern können. Ihre Niedrigstpreise haben teils fragwürdige Gründe, unter anderem steht dahinter eine ganze Industrie prekärer Beschäftigungsverhältnisse - vom schlecht bezahlten Packer im Warenzentrum an der Autobahn bis zum abgehetzten Paketboten. So funktioniert eben Marktwirtschaft, mag man einwenden. Ganz falsch ist das nicht. Tatsächlich ist es ein Kunden-Grundrecht, dort zu kaufen, wo es am wenigsten kostet. Zur Wahrheit gehört aber auch die Erkenntnis, dass der stationäre Einzelhandel auf Sicht einen Preiskampf gegen das Internet nicht gewinnen kann. Und dass ungebremste Geiz-Geilheit am Ende uns alle teuer kommen kann. Das Dahinsiechen der Kleinen mehrt die Macht der Großen - und damit die Gefahr überhöhter Preise. Was tun? Moralische Entrüstung allein reicht nicht. Der Staat muss einen Rahmen für fairen Wettbewerb setzen, was er mit dem Mindestlohn wohl auch tun wird. Die Fachhändler müssen sich auf ihre Stärken besinnen: persönliche Ansprache, Service und Kreativität.
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