Weser-Kurier: Zur Debatte um Snowden schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 25. Januar 2014:
Bremen (ots)
In Sachen Heldenverehrung sind wir Deutschen ja geübt. Zwar ist da, historisch betrachtet, schon das eine oder andere ziemlich schief gegangen. Doch die irrationale Idolisierung gewisser Personen der Zeitgeschichte ist anscheinend ein Relikt der schwärmerischen Romantik. Wie sonst ist zu erklären, dass Edward Snowden als Aufklärer und Vorbild auf den Schild gehoben wird? Wäre er deutscher Staatsbürger, würde sein Handeln minimal als Verrat von Staatsgeheimnissen bewertet. Snowden ist Amerikaner. Die spionieren "uns" aus. Snowden hat das aufgedeckt. Deshalb ist er ein Held. So oder ähnlich mögen die kruden Kausalketten funktionieren, die den jungen Mann zum Helden machen. Dabei hat Snowden jenseits aller Verbrechen, denen er sich nach US-Recht schuldig gemacht haben mag, vor allem eines zu verantworten: Seit seinen ersten Enthüllungen ist die Welt ein noch unsichererer Ort. Al Qaida, Hisbollah und Co. haben dankend zur Kenntnis genommen, dass Snowden die US-Dienste und deren Strukturen enttarnte. Handy und Email als Kommunikationsmittel haben am Hindukusch und im Nahen Osten ausgedient - der Terror bedient sich nun anderer Kontakt-Methoden. Ein Ende der konzentrierten Überwachung der Terrororganisationen könnte perspektivisch fatal sein. Doch schon jetzt gefährden die permanenten "Enthüllungen" ganz konkret Menschenleben. Nämlich das all der Übersetzer, Zivil-Helfer und Agenten der Amerikaner und ihrer Alliierten an den Brennpunkten dieser Welt, die durch Snowden nun "verbrannt"sind, wie es in der Geheimdienstsprache heißt. Das betrifft im übrigen durchaus auch deutsche Staatsbürger. Snowden gefährdet also in Wahrheit die Freiheit, die er immer wieder zu verteidigen vorgibt. Ob die Motive dabei lautere sind oder nicht, spielt keine Rolle - Verrat ist Verrat. Den er nebenbei von so urdemokratischen Gebilden wie China und Russland aus begangen hat und begeht. So viel zum Vorbild Snowden. Aber in falscher Heldenverehrung sind wir ja geübt.
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