Weser-Kurier: Kommentar von Joerg Helge Wagner zum Zustand der Bundeswehr
Bremen (ots)
Was haben Werder Bremen und die Bundeswehr gemeinsam? Wenn man ganz unten ist, gehen einem langsam die Entschuldigungen für Fehlleistungen aus. Etwa dafür, warum eine "Belastungsgrenze" erreicht ist, wenn von gut 180<ET>000 Soldatinnen und Soldaten keine 4000 in irgendwelchen Auslandseinsätzen sind. Die Bundeswehr ist damit ganz unten, nämlich kaum noch einsatzfähig. Das ist sicher nicht dem Gros der Truppe anzulasten, wohl aber jenen, die sie führen - Generälen wie Spitzenbeamten. Es ist schon bezeichnend, wenn die Ministerin dem Mängelbericht aus dem eigenen Haus misstraut und lieber auf externen Sachverstand baut. Die 1,5 Millionen Euro, die sie für den 1200-seitigen Katastrophenbericht in die Hand genommen hat, sind gut investiert - angesichts von 4,3 Milliarden Euro Mehrausgaben bei den größten laufenden Rüstungsvorhaben. Und das ist nur die finanzielle Seite, die nicht einmal militär-typisch ist: siehe große öffentliche Bauvorhaben. Aber der militärische Nutzen strebt ja auch noch entgegengesetzt Richtung Null. Der Großtransporter A400M wird mit fünfjähriger Verspätung genau dann geliefert, wenn das Gros der Truppe aus Afghanistan abgezogen ist. Von den Hubschraubern kommt gerade noch jeder Fünfte hoch, beim Eurofighter purzeln entweder die Nieten aus dem Rumpf oder der Schleudersitz klemmt. Anderes Gerät ist dermaßen veraltet, dass es wegen des immensen Wartungsaufwands im Ernstfall eigentlich nicht mehr einsetzbar ist. In diesem fliegenden, fahrenden oder schwimmenden Schrott sollen aber Menschen ihr Leben riskieren, um die Sicherheit dieses Landes zu garantieren. Schon deshalb sollte Ursula von der Leyen unbedingt dem Rat der Wirtschaftsprüfer folgen, Kompensationszahlungen einzufordern. Davon kann sie ja dann in den USA erprobtes, taugliches Material kaufen, um Einsätze in der Ukraine, im Irak oder sonstwo zu bestreiten. Made in Germany sollte nur noch bestellt werden, was auch international begehrt ist: Kampfpanzer, U-Boote, Drohnen und Satelliten, Fahrzeuge wie der Dingo. Spielt das Verteidigungsministerium endlich "juristisch auf Augenhöhe" mit den Anbietern, wie es die Gutachter fordern, braucht auch der Wehretat nicht erhöht zu werden. Dazu aber muss die Ministerin erst einmal den eigenen Laden auf Vordermann bringen - ein Job, bei dem ihre männlichen Vorgänger jämmerlich versagt haben. Denn was hier im Argen liegt, hat schon vor genau vier Jahren die Weise-Kommission festgestellt: eine "allgemeine Verantwortungsdiffusion" mache eine "stringente Steuerung unmöglich". Geschehen ist daraufhin offenbar: nichts. Wenn von der Leyen, der der Ruf einer gewissen Gnadenlosigkeit vorauseilt, hier nun wirklich aufräumt, kann sie vielleicht sogar eine Zielvorgabe der Weise-Kommission erreichen: mindestens 14<ET>000 Soldaten "durchhaltefähig" in Einsätze zu schicken. Utopisch? Auch Werder muss sich anstrengen, um wieder international mitzuspielen.
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