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Weser-Kurier: Über den Beluga-Prozess in Bremen schreibt Philipp Jaklin:

Bremen (ots)

Mit stoischem Gesichtsausdruck verfolgte Niels Stolberg am Mittwoch den Auftakt des Beluga-Prozesses. Fast zweieinhalb Stunden, in denen die Staatsanwälte die Vorwürfe gegen ihn und die Mitangeklagten so detailliert vortrugen, das manchem hinterher der Kopf schwirrte vor lauter Zahlen und Geschäftsdaten aus Stolbergs ehemaliger Reederei. Von immer wieder neu aufgesetzten Scheinrechnungen war da die Rede, aufgeblähten Bilanzen, erfundenen Aufträgen, einem Geflecht von Lügen und Betrügereien, derer er verdächtigt wird. Eines wurde am ersten Verhandlungstag sehr klar: Die Ankläger wollen Stolberg nachweisen, mit Erfindungsreichtum und System betrogen zu haben. Seine Verteidiger dagegen dürften bemüht sein, das Bild eines überambitionierten Unternehmers zu zeichnen, den zu schnelle Expansion und eine dramatische Branchenkrise in die Enge trieben. Dem so manches entglitt. Fehler will Stolberg vor Gericht zugeben, Vorwürfe einräumen. Gleichzeitig hat er schon bestritten, sich persönlich bereichert zu haben. Die Frage des Motivs wäre im Fall einer Verurteilung wichtig für das Strafmaß. Vor allem kommt es natürlich darauf an, welche Anklagepunkte im weiteren Verfahren Bestand haben. Dass seit der Beluga-Pleite vor bald fünf Jahren so viel Zeit vergangen ist, zeigt, wie schwer sich die Staatsanwaltschaft mit dem komplizierten Fall getan hat. Mehr als 10 000 Seiten Ermittlungsakten, 875 Seiten Anklageschrift, da lässt sich leicht der Überblick verlieren. Stolbergs Anwälte werden Schwachpunkte zielgenau ins Visier nehmen. Auch dies lässt sich schon heute sagen: Selbst wenn das Gericht am Ende nur den kleineren Teil der Vorwürfe als erwiesen betrachtet, stellen sich weitere Fragen. Etwa, warum es den vom Finanzinvestor Oaktree beauftragten Wirtschaftsprüfern 2010 entgangen sein kann, dass Stolberg mutmaßlich Scheingeschäfte mit Briefkastenfirmen betrieb. Das ist nur eine der Ungereimtheiten des Falls. Ansonsten gilt für Niels Stolberg bis auf weiteres die Unschuldsvermutung - auch während seines Prozesses.

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