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Rheinische Post: Die überschätzte Revolte von 1968

Düsseldorf (ots)

von Sven Gösmann
Vierzig Jahre ist es her. Doch die Revolte von 1968 ist präsent, 
als wäre es gestern gewesen. Das hängt vor allem damit zusammen, dass
eine Reihe ihrer Protagonisten in Schlüsselstellungen gelangte, als 
Politiker, Chefredakteure oder Kulturschaffende (noch) den 
gesellschaftlichen Diskurs bestimmt. Der Bedeutung der Revolte wird 
diese Über-Erinnerung kaum gerecht. Ihre Nostalgiker wie ihre nicht 
minder nostalgischen Gegner überschätzen den Wert von 1968. Letztlich
begehrte ein kleiner Teil der Studentenschaft auf, wild gewordene 
Bürgerkinder, die Revolution mit Rückfahrkarte ins bürgerliche Leben 
spielten.
1968 veränderte zwar einiges in der deutschen Gesellschaft. Doch die 
war ohnehin im Aufbruch. Das biedermeierliche Adenauer-Deutschland 
hatte ausgedient, das moderne Deutschland war auf dem Weg. So blieben
am Ende vor allem die negativen Seiten des Protests, allen voran der 
blutige Irrweg in den Terrorismus. Und ein 
Laisser-faire-Liberalismus, der Toleranz mit Gleichgültigkeit 
verwechselte und dessen leistungsfeindliche Folgen - gerade im 
Bildungssystem - wir deshalb noch spüren, weil seine Vertreter ihren 
Platz just in diesem System fanden. So gilt: Es ist wichtig, sich an 
das Jahr 1968 zu erinnern. Eine Zäsur - wie etwa die Westbindung oder
die deutsche Einheit 1990 - war es nicht.
Bericht: Magazin

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