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Rheinische Post: Die Koalition der Ungeschickten Kommentar VON SVEN GÖSMANN

Düsseldorf (ots)

Erst an den Kaffeetischen dieses
Pfingstwochenendes werden die Nachrichten der vergangenen Woche ihre 
volle destruktive Kraft entfalten: die im Eilverfahren beschlossene 
Erhöhung der Diäten für Bundestagsabgeordnete um 16 Prozent. Oder die
Tatsache, dass ausgerechnet die Umweltminister in Bund und Ländern 
300-PS-Karossen nutzen, während der Benzinpreis 
Nicht-Dienstwagennutzern mit mehr als 1,50 Euro weh tut. Oder der 
schamlose Wechsel des Chefs der Eisenbahner-Gewerkschaft in den 
Bahn-Vorstand. Für sich genommen, wäre jede Nachricht noch als 
untypisch abzutun. Doch die Summe der Ungeschicklichkeiten nährt die 
Zweifel an der der Sensibilität unserer politischen Klasse. Beispiel 
Diätenerhöhung. Wir brauchen gutes politisches Personal. Der 
Verdienst ist gewiss nicht das erste Motiv, sich politisch zu 
engagieren, sondern der Gestaltungswille. Deshalb ist es angemessen, 
dass die Abgeordneten des Parlaments, die die Gesetze gestalten, so 
viel verdienen wie Bundesrichter, die mit Hilfe dieser Gesetze 
urteilen sollen. Doch warum wird die juristisch einwandfreie 
Anpassung der Abgeordnetenbezüge klammheimlich vorbereitet? Warum 
wird nicht offensiver mit dem Argument geworben, das jeder in der 
Wirtschaft Tätige nur gutheißen kann: dass man für das Erzielen guter
Ergebnisse gute Leute braucht und die eben gutes Geld kosten. Es ist 
nicht der Vorgang an sich, sondern der Stil, mit dem er vollzogen 
wird, der Unmut hervorruft. Warum geben die Umweltminister, die die 
Bürger mit immer neuen Schreckensszenarien des vermuteten 
Klimawandels zum Energiesparen zwingen wollen, nicht ein gutes 
Beispiel? Sie sollen ja nicht zu Fuß gehen, aber sie könnten doch 
einmal mit jenen Hybridautos fahren, die sie ihren Wählern ständig 
empfehlen. Warum sagt es in der Eisenbahner-Gewerkschaft keiner dem 
eigenen Vorsitzenden, dass es anrüchig ist, wenn er schneller als ein
ICE die Seiten wechselt und einen gut dotierten Job im Bahnvorstand 
antritt, mit dem er jüngst noch Tarifverträge aushandelte? Warum 
greift im Aufsichtsrat des Noch-Staatsunternehmens Bahn niemand ein, 
wenn der Bahnchef diesen Deal einfädelt? Es ist Selbstvergessenheit 
und Bürger-Geringschätzung, die sich in den genannten Beispielen 
ausdrückt. Erst sie schafft den Resonanzboden für jene 
Politikverdrossenheit, die sich in undurchdachtem Protest oder in 
Wahlenthaltung artikuliert. Dabei braucht gerade unsere dem globalen 
Veränderungsdruck unterliegende Gesellschaft nichts mehr als die 
engagierte Teilnahme möglichst vieler. Ein Trost: Die Kontrolle durch
die öffentliche Meinung funktioniert, und die anhaltende Debatte über
jede der Nachrichten beweist, dass auch die Selbstreinigungskräfte 
des politischen Systems durchaus noch vorhanden sind. Jeder einzelne 
Sachverhalt ist zu korrigieren. Es ist Zeit, dies zu tun.

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell

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