Rheinische Post: Die Prager Krise
Düsseldorf (ots)
von Godehard Uhlemann
Der Regierungssturz in Prag ist kein rein innenpolitisches Thema mehr, auch wenn die Wurzeln der Misere hier liegen. Parteiengezänk, Korruptionsvorwürfe und Flügelkämpfe in der die Regierung tragenden "Demokratischen Bürgerpartei" haben das Gefüge erschüttert. Die Krise ist ein europäisches Problem, weil die EU in ihrer heutigen Vernetzung auf Gemeinsamkeit angelegt ist. Die Wellen des tektonischen Bruchs in Prag sind in Brüssel dramatisch zu spüren, nicht allein weil die tschechische Regierung zurzeit den EU-Ratsvorsitz innehat. Die Regierung bleibt formal im Amt, sie ist handlungsfähig - zumindest beschränkt. Doch genau das kann die EU nicht gebrauchen. Kurz vor dem G20-Gipfel zur Finanzkrise in London braucht sie Geschlossenheit und Schlagkraft - nicht Schwäche. Das viel größere Problem ist die Auswirkung der Prager Turbulenzen auf die Zukunft Europas. Der dringend benötigte EU-Reformvertrag hängt eben nicht nur vom neuen Referendum in Irland ab. Tschechiens Senat ist zum Zünglein an der Waage geworden. Die Europa-Skeptiker sehen nun ihre Chance. Sie könnten ihre innenpolitische Abrechnung außenpolitisch präsentieren. Dann muss Europas Zukunft neu entworfen werden.
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