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Rheinische Post: Kommentar: Viel Merkozy, wenig Obama

Düsseldorf (ots)

Die Krise macht es möglich: Oftmals in der
jüngeren Vergangenheit waren die Gipfel der wichtigsten Staats- und 
Regierungschefs Fototermine ohne bleibenden Wert  das aktuelle 
G-20-Treffen dagegen kann es in die Geschichtsbücher schaffen. In 
London hat sich die Achse der Weltpolitik verschoben  weg von 
Amerika, hin nach Asien und  oh Wunder  Europa. Die großen 20, von 
denen einige (Washington, London) ganz klein mit Hut sein müssen, 
billigen mit der Strukturreform des Weltwährungsfonds den 
aufstrebenden Nationen wie China, Indien und Brasilien mehr Einfluss 
zu. Der Beschluss, ihre Ökonomien und die notleidender Schwellen- und
Wirtschaftsländer mit 500 Milliarden Dollar zu unterstützen, ist ein 
wichtiger Schritt zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte
und wird über die tagespolitischen Kommuniqués hinaus Wirkung 
entfalten.
In London hat sich endgültig die Erkenntnis durchgesetzt, dass die 
globale Krise internationale Antworten braucht und keine nationalen 
Alleingänge. Die Entscheidung, die Finanzmärkte stärker zu 
kontrollieren, ist ein Vorstoß der wichtigsten Mächte 
Kontinentaleuropas, Frankreich und Deutschland. Nicolas Sarkozy und 
Angela Merkel haben mit ihrer unerwarteten Allianz den Widerstand des
neuen amerikanischen Präsidenten Barack Obama und seines britischen 
Verbündeten Gordon Brown gebrochen. Viel "Merkozy", wenig Obama 
könnte man das Ergebnis dieser Konferenz auch zusammenfassen.
Überhaupt war Obamas Auftritt überraschend zurückhaltend. Brav 
ordnete sich der Vertreter der einzigen militärischen Supermacht auf 
den Fotos in der zweiten Reihe ein. Das demonstrierte nach den 
breitbeinigen Bush-Jahren die neue amerikanische Bescheidenheit und 
hoffentlich auch die in der Neuen Welt gewachsene Erkenntnis, dass 
die USA ihre selbst gemachten Probleme nicht allein lösen können. Der
US-Präsident hat sich und seiner Regierung für die Startphase eine 
Zeit des "Listening" verordnet. Man kann deshalb nur hoffen, dass er 
in London gut zugehört hat.
Die Chinesen etwa formulierten klarer als alle anderen ihre Bedenken 
gegen Obamas Politik, der Konjunktur durch das Anwerfen der 
Notenpresse einen Impuls zu geben. Das kann, muss aber nicht 
funktionieren und beschwört für 2010 die Gefahr einer Welt-Inflation 
herauf. Wir kämen damit nach dem gerade überstandenen ersten Rausch 
des schnellen Geldes, auch "Gier" genannt, in den Rausch des nächsten
schnellen Geldes, der euphemistisch Konjunkturprogramm getauften 
Subvention. Das Gezeter in Deutschland um die Abwrackprämie macht 
deutlich, welch süßes Gift in die Wirtschaft geworfenes billiges Geld
vom Staat ist. Vielleicht lernt Präsident Obama für seinen 
zweitägigen Besuch bei uns ja etwas Deutsch wie sein Vorbild Kennedy.
Zum Beispiel: "Yes, we can sparen. Yes, we can dazulernen."

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

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