Rheinische Post: Ein Mächtiger in Handschellen
Düsseldorf (ots)
Es sind Bilder wie aus einer Folge der TV-Serie "CSI - New York". Da wird ein Mann mit Stoppelbart und Ringen unter den Augen nach vielen Stunden Untersuchungshaft aus einem Polizeirevier in Harlem geholt. Zwei Beamte eskortieren ihn, die Hände hat man ihm mit Handschellen auf den Rücken gebunden. Aber es ist Wirklichkeit. Dominique Strauss-Kahn, einer der mächtigsten Finanz-Politiker der Welt, wird vorgeführt wie ein Krimineller. Ob er tatsächlich versucht hat, ein Zimmermädchen zu vergewaltigen, das muss sich freilich erst noch zeigen. Auch für Monsieur Strauss-Kahn gilt: Bis zum Beweis des Gegenteils hat er als unschuldig zu gelten. Angesichts dessen wirkte die Szene vor dem New Yorker Polizeirevier völlig überzogen. Für Strauss-Kahn kommt sie einer politischen Hinrichtung gleich, egal, welches Urteil die Justiz am Ende fällen wird. Das ist nicht in Ordnung, auch wenn Mitleid fehl am Platz ist. Sollte sich der IWF-Chef tatsächlich an der Hotelangestellten vergriffen haben, hat er eine harte Strafe verdient. Das wird auch in seiner Heimat Frankreich nicht in Frage gestellt, wo man mit Politiker-Affären zwar traditionell sehr nachsichtig umgeht, aber dennoch klare Grenzen zieht. Hier geht es schließlich nicht um frivole Seitensprünge oder sonstige pikante Amouren. Hier geht es um den Vorwurf der Vergewaltigung. Da hört die Toleranz auf.
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