Rheinische Post: Mutig, aufrichtig, Gauck
Düsseldorf (ots)
Der Bundespräsident habe keine Macht, sondern verfüge nur über das Wort, heißt es geringschätzig über das höchste Amt im Staat. Zu Unrecht, wenn der Bundespräsident Joachim Gauck heißt. Als Nachfolger unglücklich agierender Vorgänger zeigt er, was das Amt sein kann: Leuchtturm, Vorbild, im besten Sinne Stichwortgeber. Das gelingt Gauck, obwohl nach der Phase des Hochlobens durch Medien und Politik die nächste schon begonnen hat: die des Beäugens, Missverstehen-Wollens, Überinterpretierens. Seine Einlassung zum deutsch-israelischen Verhältnis etwa wurde zur Distanzierung von der richtigen Doktrin deutscher Außenpolitik aufgeblasen, das Verhältnis zwischen dem Land der Täter und dem der Opfer sei einmalig. Gauck korrigierte seine Wortwahl, aber nicht seine Position: Dass Freunde einander auch sagen können müssen, wenn es unterschiedliche Auffassungen über die aktuelle Politik des jeweils anderen gibt. Ähnliches gilt nun für den Satz vom Islam, der angeblich zu Deutschland gehört, wie Wolfgang Schäuble 2006 befand und Christian Wulff es als Bundespräsident einfältig wiederholte. Gauck korrigiert auch hier: Selbstverständlich gehören die Muslime zu Deutschland, der Islam aber nicht zu unseren kulturellen Wurzeln. Das ist heutzutage mutig, das ist aufrichtig, das ist bislang Gauck.
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