Rheinische Post: Umstrittene Euro-Retter
Düsseldorf (ots)
Kommentar von Martin Kessler
Es ist ein historisches Datum in der Geschichte der Euro-Krise. Mit der Gegenstimme des deutschen Vertreters hat die Führung der Europäischen Zentralbank (EZB) die geldpolitischen Schleusen geöffnet, um die Zinslast für Krisenstaaten erträglicher zu machen. Damit überwindet die EZB endgültig das Modell der Bundesbank, die nur auf Geldwertstabilität setzt. Der Architekt dieser Transformation ist der ebenso feinsinnige wie raffinierte Italiener Mario Draghi. Er überzeugte seine Mitstreiter, dass nur die größtmögliche Abweichung von der reinen Lehre der Geldwertstabilität den Euro noch retten kann. In der Sache kann die EZB nun über den Umweg des Rettungsfonds ESM beliebig viele Staatspapiere der überschuldeten Euro-Staaten aufkaufen. Diese nimmt sie ohne Rückgabedatum in ihre Bestände und finanziert somit einen Teil der Staatsschuld der maroden Euro-Länder. Das generelle Verbot der Staatsfinanzierung umgeht die EZB, indem sie nur die ihr erlaubten Papiere mit einer begrenzten Laufzeit aufkauft. Hut ab, Herr Draghi, das ist eine Meisterleistung der geldpolitischen Verschleierung. Die Rechnung wird freilich später präsentiert. Mit dem Aufkauf der Papiere wird die Geldmenge im Euro-Raum aufgebläht. Damit steigt die Inflationsgefahr. Auf Dauer gewonnen ist nichts. Die Euro-Retter haben wieder einmal nur Zeit gekauft.
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