KOMMENTAR Föderaler Flickenteppich
Düsseldorf (ots)
Von Kristina Dunz
Von Normalität kann noch keine Rede sein, aber von nun an bekommen wir wieder eine Ahnung davon, wie leicht das Leben sein kann. Der erste kleine Schritt wird das Einkaufen sein. Im Grundsatz gilt: Läden, die nicht größer sind als 800 Quadratmeter, dürfen öffnen. Mancherorts auch Möbelhäuser und Läden, die ihre Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter reduzieren. Und da fängt der Schlamassel an. Bund und Länder haben zwar einen gemeinsamen Beschluss gefasst, wie und wann strikte Beschränkungen in der Corona-Krise wieder gelockert werden und welche nicht. Aber die Länder haben Spielraum bei der Umsetzung, und das führt genau zu dem Flickenteppich, der verhindert werden sollte, weil er zu Wettbewerbsverzerrungen im Einzelhandel führen kann, die Bürger verwirrt und das Gefühl von Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeit hervorruft. Warum dürfen nun in Sachsen schon kleine Gottesdienste gefeiert werden, aber noch nicht in Nordrhein-Westfalen? Warum gilt für Menschen in Mecklenburg-Vorpommern bald eine Tragepflicht von Mundschutzmasken in Bus und Bahn und Taxi, aber nicht in der Millionen-Metropole Berlin? Es ist Bürgern schwer zu erklären, dass sie etwas nur deshalb nicht dürfen, weil sie in einem bestimmen Bundesland leben, es aber tun könnten, wohnten sie im Nachbarland. Der Überblick über all die Details geht verloren, und die Politik verstrickt sich vielerorts in Hü und Hott. Überbietungswettbewerbe in Krisenzeiten sind Gift. Der Wunsch, der hinter einer schnellen Exitstrategie steht, ist, den Menschen Hoffnung zu machen, dass der Ausnahmezustand absehbar überwunden wird. Das ist, als wenn man die Zahnbehandlung ohne Betäubung durchhalten will, weil der Arzt sagt, dass der Schmerz nur kurz andauern wird. Wenn es dann aber anders kommt, ist der Schrecken umso größer.
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