Rheinische Post: Aktion Gesichtswahrung
Düsseldorf (ots)
Von Gregor Mayntz
Im Kampf ums Kanzleramt ist die Aktion "Gesichtswahrung" angelaufen. Die SPD hat das Ultimatum der Union erfolgreich gekippt. Es wurde nichts aus der Drohung: "Erkennt am Mittwoch gefälligst Merkels Kanzlerschaft an, sonst lassen wir die Gespräche platzen." Trotzdem sprach Merkel von einem "guten Tag". Das liegt daran, dass die SPD auf ihr Angebot einging, die leidige Chef-Frage unter acht Augen zu klären. Heute dürfte das Paket geschnürt werden: Für die Unionsführerschaft in Regierung und Parlament bekommt die SPD zwei Vizepräsidenten, x Minister und den Zuschlag in y Sachthemen. Es wird danach in den eigentlichen Koalitionsgesprächen nicht übermäßig schnell gehen. Zu verschieden sind die Politikansätze, zu weit die Wege aufeinander zu. Und zu brüchig bleibt vorerst die Brücke des Vertrauens, die nur ganz langsam über den Untiefen der Wahlschlachten entstehen wird. Aber Union und SPD fühlen, dass sie nach diesem Wahlergebnis einander brauchen. Beide liegen neben dem mehrheitlichen Willen des Volkes, beide haben eine riskante Generalüberholung vor sich: Welche Konzepte können wir den Bürgern zumuten? Deshalb laufen beide Gefahr, dass ihnen der eigene Laden hochgeht, wenn sie die Selbstfindung ohne äußere Zwänge eröffnen. Dann schon lieber Deckel drauf, regieren und die Schwächen der praktizierten Politik dem Kompromiss mit dem Partner anlasten.
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