Rheinische Post: "Ein Fall für den Staatsanwalt"
Düsseldorf (ots)
Der Staats- und Verwaltungsrechtler Hans-Herbert von Arnim hält das Verhalten von Kanzler a. D. Gerhard Schröder für einen Fall für den Staatsanwalt. Der Jura-Professor und Diplomvolkswirt an der Verwaltungshochschule in Speyer, seit Jahren als "Parteienkritiker" bekannt, sagte gestern im Gespräch mit unserer Zeitung: "Die Sache hat nicht nur moralisch-ethisch einen üblen Beigeschmack, sondern auch zwei rechtliche Aspekte. Zum einen könnte der Ex-Kanzler den Tatbestand der Vorteilannahme (Paragraph 331 des Strafgesetzbuches erfüllt haben. Zum anderen gerate Schröder als Aufsichtsrat der Gaspipeline-Gesellschaft möglicherweise mit dem Ministergesetz in Konflikt. Wenn es zutreffe, so von Arnim, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seinem Freund Schröder noch zu dessen Kanzlerzeit versprochen habe, dass dieser nach Ausscheiden aus dem Kanzleramt den hoch dotierten Aufsichtsratsposten bekommen solle, müsse die zuständige Staatsanwaltschaft dem Verdacht der Vorteilsannahme nachgehen. Entscheidend sei, ob sich Schröder noch als Kanzler von Putin den Posten habe versprechen lassen. Der Straftatbestand des § 331 schütze die Lauterkeit der Wahrnehmung des öffentlichen Amtes. Die schwierige Beweisführung, ob es ein Versprechen während Schröders Kanzlerschaft gegeben habe, obliege den Staatsanwälten, meinte der Rechtsgelehrte. Selbst wenn Schröder den Posten nicht anträte, wäre seine späte Einsicht strafrechtlich irrelevant, weil bereits das Sichversprechenlassen den Straftatbestand erfülle. Dennoch sollte Schröder verzichten, denn, was er machen will, gehört sich nicht: "Die Übernahme eines Postens, den Schröder als Bundeskanzler mit geschaffen hat das ist nicht in Ordnung." Laut Hans-Herbert von Arnim könnte Schröder auch mit Paragraph 6 des Bundesministergesetzes Konflikt geraten. Nach dieser Vorschrift sind amtierende, aber auch ehemalige Regierungsmitglieder grundsätzlich zur Verschwiegenheit bei solchen Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen amtlich bekannt geworden sind. Dazu von Arnim: "Wie soll es einem Pipeline-Aufsichtsrat Gerhard Schröder, der den Pipeline-Deal mit Präsident Wladimir Putin selbst eingefädelt hat, praktisch möglich sein, nicht auf Informationen zurückzugreifen, welche er als damaliger Bundeskanzler bekommen hat?" Normale Beamte, so der Rechtsgelehrte und Volkswirtschaftler, könnten beispielsweise zu einer mehrjährigen Karenzzeit nach Ende ihrer Dienstzeit verpflichtet werden, falls sie im neuem Job in Interessenkollision zu ihrer vorherigen Amtstätigkeit gerieten. Es sei nicht einzusehen, dass so genannte kleine Beamtinnen und Beamte wegen einer möglichen Interessenkollision einer strengen gesetzlichen Aufsicht unterlägen, dass man hingegen bei hochrangigen politischen Amtsinhabern alles laufen lasse. Der Speyerer Rechtswissenschaftler rief die Bundesregierung dazu auf, mit einer Regelung für ausgeschiedene Regierungsmitglieder auf den Fall Schröder zu reagieren.
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