Rheinische Post: Heine, ein Dichter aus Deutschland
Düsseldorf (ots)
Von Lothar Schröder
Schwelt sie noch, die deutsche "Wunde Heine"? Die Worte Adornos zum 100. Todestag des Dichters klingen eigentümlich fern. Heute, ein halbes Jahrhundert später, scheint es den freundlichen Befund zu geben: Es tut nichts mehr weh; kein Schmerz nirgends. Und hat sich Deutschland mit Heine nicht doch nur eine mickrige Hautabschürfung zugezogen? Immerhin hat Düsseldorf seine Uni nach dem berühmtesten Sohn der Stadt benannt (freilich nach quälenden Debatten) und Heine-Denkmäler errichtet, wenn auch Jahrzehnte nach den Gedenkstätten in New York und auf Korfu. Wunde zu, Heine tot - und jede Gedenkfeier eine Wiedergutmachung für den, der Deutschland verspottete und den das "Wintermärchen"-Land ins Exil trieb. Den deutschen Juden, der so sehr hoffte, mit dem Taufzettel das "Entréebilett zur europäischen Kultur" in den Händen zu halten. Der Heimatverlust hat Heine zerrissen. Alles Deutsche wirke auf ihn wie "ein Brechpulver", schreibt er an einen Jugendfreund - wechselt ins Französische und kehrt zum Deutschen zurück. Weil die deutsche Sprache seine letzte, seine einzige Heimat ist. Das weiß er; und es wird ihm gegen Ende seines Lebens immer deutlicher. "Hier ruht ein deutscher Dichter", wünscht er sich als Inschrift auf seinem Grabstein. Eine Wunde Heine gibt es nicht mehr. Aber eine Narbe bleibt. Auch sie ist wichtig.
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