Rheinische Post: KOMMENTAR Globalisierung besser als ihr Ruf
Düsseldorf (ots)
Attac hat Recht: Die Globalisierung ist kein Zuckerschlecken. Wirtschaftswachstum wird erkauft mit Klimaschädigung, die G 8-Staaten sind für über 40 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Mit der Vernetzung der weltweiten Finanzmärkte steigt die Gefahr, dass ein nationaler Börsencrash zum weltweiten Problem wird. Zehntausende Textilarbeiter haben in Deutschland ihre Arbeitsplätze verloren, weil Konkurrenten aus China oder Indien Kleidung preiswerter herstellen. Und die Globalisierung führt zu einer Uniformität, die man nicht mögen muss Coca-Cola und Beck's Bier gibt es für den, der es sich leisten kann, in jedem Entwicklungsland. Und doch: Wenn es die Globalisierung nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Denn der weltweite Wettbewerb erlaubt Ländern, sich auf die Produktion der Waren zu spezialisieren, bei der sie einen relativen Vorteil haben. Mit dem Verkauf dieser Waren können sie sich dann Dinge kaufen, die andere Länder besonders gut und günstig herstellen können. Diesen Vorteil des Freihandels hat der Ökonom David Ricardo schon vor 200 Jahren beschrieben. Viele Studien belegen die Richtigkeit seiner Theorie bis heute.
Die Globalisierung sorgt dafür, dass Waren immer günstiger hergestellt werden zum Vorteil aller Verbraucher. Heute muss ein deutscher Käufer für einen Anzug nur noch 18 Stunden arbeiten, 1990 waren es 21 Stunden. Die Jobs der Textilindustrie sind weg, zugleich sind viele Stellen in deutschen High-Tech-Branchen entstanden, die auch vom Export nach Indien leben.
Die Globalisierung ist auch keine Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln. Vor dreißig Jahren hatten zwei Drittel der Menschen in der Dritten Welt nicht genug zu essen, heute ist es "nur" noch ein Fünftel. Vor 25 Jahren zählte China noch 260 Millionen Arme (Menschen also, die nicht mehr als zwei Dollar am Tag haben), heute sind es 42 Millionen. In dieser Zeit hat sich das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Weltbevölkerung verdoppelt.
Dass es vielen in Afrika dennoch schlechter geht als früher, hat nichts mit der Globalisierung zu tun, sondern oft mit Verweigerung gegenüber der Marktwirtschaft und korrupten Regierungen. Wer den Armen Gutes tun will, sollte nicht gegen, sondern für mehr Globalisierung kämpfen.
Und da bleibt genug zu tun. Denn wenn es um den Schutz heimischer Bauern oder Kohlekumpel geht, nehmen es die Industriestaaten mit dem von ihnen hochgelobten Freihandel nicht mehr so genau. Statt Entwicklungsländer mit Milliarden an Entwicklungshilfe zu sedieren, sollten sie ihre Grenzen für die Produkte der Armen öffnen, Zölle abbauen und die künstliche Verbilligung heimischer Produkte aufgeben, täglich gibt die Nordhalbkugel eine Milliarde Euro allein für Agrarsubventionen aus. Diese Verlogenheit gehört angeprangert. Doch davon hat man bei Attac und Co. bislang wenig gehört.
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