Die Zukunft nicht kaputt sparen: Universitäten besorgt um Zukunftsfähigkeit des Landes
Die Zukunft nicht kaputt sparen: Universitäten besorgt um Zukunftsfähigkeit des Landes
Aktuell verhandelt das Land Baden-Württemberg seinen Haushalt und damit auch die Eckpunkte der künftigen Hochschulfinanzierung. Es geht um die Grundfinanzierung für die Jahre 2026 bis 2030. Die Entwicklungen könnten die Universitäten zu harten Einschnitten zwingen – mit negativen Auswirkungen für die Ausbildung von Fachkräften, die Innovationsfähigkeit, den Wohlstand und die Zukunftsfähigkeit des Landes. Die Rektor*innen solidarisieren sich deshalb mit den in dieser Woche stattfindenden Studierenden-Protesten. Die zentrale Demonstration findet am 15. November ab 12:00 Uhr in der Landeshauptstadt Stuttgart statt.
Die Rektor*innen der neun Landesuniversitäten schlagen Alarm. Sie befürchten erheblich sinkende Mittel in den kommenden Jahren. Anlass für die Besorgnis ist die sogenannte Hochschulfinanzierungsvereinbarung (HoFV III) für die Jahre 2026 bis 2030. Eigentlich sollen diese Landesmittel die Grundfinanzierung der Hochschulen sichern und ihnen Planungssicherheit geben. Die geplanten Einsparungen offenbarten sich jedoch erst beim Blick in die Detailregelungen, betont der Vorsitzende der Landesrektoratekonferenz Universitäten Baden-Württemberg (LRK BW) Professor Michael Weber, Präsident der Universität Ulm: „Alle Informationen über die geplante Finanzierung für die kommenden Jahre zeigen, dass die Landeshochschulen real mit erheblich sinkenden Mitteln rechnen müssen. Dies wird nicht ohne schmerzhafte Einschnitte zu bewältigen sein.”
Bereits im im Jahr 2026 wolle das Land rund 91 Millionen Euro als sogenannte „Globale Minderausgabe” einsparen. „Das Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst setzt diese Einsparung als Nullrunde für die Universitäten um. Intern können wir dies nur durch Kürzungen im siebenstelligen Bereich umsetzen“, so Weber. Auch in den Folgejahren seien weitere Kürzungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen. „Dieses Einfallstor für mögliche weitere, nicht vorab feststehende Einsparungen ist besonders problematisch. Da an Universitäten viele Projekte über mehr als ein oder zwei Jahre laufen, wurden die Hochschulfinanzierungsvereinbarungen damals eingeführt, um uns Planungssicherheit zu geben“, sagt Prof. Dr. Thomas Fetzer, Rektor der Universität Mannheim. „Diese Sicherheit fällt nun weg.“
Ein weiteres Problem: „Vordergründig spricht die Vereinbarung zwar von einer Budgetsteigerung von 3,5 Prozent. Tatsächlich wird diese aber durch gestiegene Personalkosten, Inflation und höhere Energiekosten aufgezehrt, so dass die Universitäten mit der geplanten Vereinbarung deutlich schlechter dastehen als mit der laufenden”, so die Stellvertretende Vorsitzende der LRK BW, Professorin Karla Pollmann, Rektorin der Universität Tübingen. Dies könnten die Universitätsleitungen nur durch den Rotstift ausgleichen. An der Universität Mannheim würden die Kürzungen insbesondere Mittel für die Digitalisierung von Forschung, Lehre und Verwaltung betreffen. „Wenn wir uns in diesen Bereichen nicht weiterentwickeln können, hat das große Auswirkungen auf unseren Betrieb, es bedeutet aber auch einen Wettbewerbsnachteil – im nationalen und internationalen Wettstreit um die besten Studierenden, Forschenden und Verwaltungsfachkräfte,“ sagt Fetzer. Auch Personaleinsparungen bei aus Haushaltsmitteln finanzierten Stellen, wie zum Beispiel Tutorien, können nicht ausgeschlossen werden.
Dabei sei es gerade jetzt Zeit, in Bildung und Forschung zu investieren: „Universitäten sind einer der zentralen Motoren für die Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg“, betont der LRK-Vorsitzende: „Von der Forschung in Schlüsseltechnologien über die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle bis hin zur Gründung neuer Unternehmen – in all diesen Bereichen legen Universitäten die Grundlagen, um die wirtschaftliche Dynamik des Landes zu erhalten und den Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften für die notwendigen Transformations-Prozesse zu decken.“ Pollmann betont: „Auch ökonomisch macht sich jeder Euro, den das Land in seine Universitäten investiert, fünffach bezahlt.“ Dies zeige eine aktuelle Studie der Universität München: Demnach erzielten die Universitäten Baden-Württembergs bei einem Landesnettomitteleinsatz von rund 1,6 Milliarden Euro eine Wertschöpfung von rund 7,8 Milliarden Euro.
Konkret wünschen sich die Universitätsleitungen Planungssicherheit über die Gesamtdauer von HOFV III, die Dynamisierung der Grundmittel um sechs Prozent sowie den Ausgleich von Belastungen durch höhere Energie- und Personalkosten gerade in zukunftsträchtigen Schlüsselbereichen für Forschung und Lehre.
Geplante Studierendenproteste
Angesichts der befürchteten Entwicklungen haben die Studierenden der Universität Stuttgart eine landesweite Kundgebung initiiert, der sich Studierendenverbände aller Landesuniversitäten angeschlossen haben. Start der zentralen Kundgebung mit anschließendem Demonstrationszug ist am
Freitag, 15. November 2024
um 12:00 Uhr am Stadtgarten (Keplerstraße 7) in Stuttgart.
Studierende mehrerer Universitäten haben außerdem lokale Aktionen an ihren Universitätsstandorten angekündigt:
Mittwoch, 13. November 2024
Universität Hohenheim: 11:00 Uhr Demonstrationszug, 12:30 Uhr Kundgebung vor dem Schloss
Universität Konstanz und HTWG Konstanz: 11:00 Uhr Demonstration,
Sammelpunkt: Innenhof der HTWG (Alfred-Wachtel-Straße)
Universität Tübingen: 13:00 Uhr Öffentliche Kundgebung auf dem Geschwister-Scholl-Platz
Universität Ulm: 10:00 bis 14:00 Uhr Infoveranstaltung und Briefe an die Abgeordneten, Forum der Universität
Kontakt: Linda Schädler Pressesprecherin Universität Mannheim E-Mail: schaedler@uni-mannheim.de