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Wissenschaftliches Institut der AOK

Fehlzeiten-Report 2003 erschienen
Schwerpunkt: Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance
Immer mehr Arbeitsunfälle durch psychische Erkrankungen

Bonn (ots)

Wenn Beschäftigte im Betrieb fehlen, liegt das immer
häufiger an einer psychischen Störung oder Erkrankung. Nach Angaben
des Fehlzeiten-Reports 2003 sind psychische Erkrankungen mittlerweile
die vierthäufigste Ursache für Fehlzeiten in deutschen Unternehmen.
Die Zahl der Krankmeldungen insgesamt ist dagegen auch 2002 weiter
zurück gegangen. Eine Ursache dafür ist nach Darstellung des
Fehlzeiten-Reports die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Auf
der anderen Seite hätten viele Unternehmen ihre betriebliche
Gesundheitsförderung verbessert. Das mache sich durch geringere
Fehlzeiten bezahlt. Der Zusammenhang von Arbeitszufriedenheit und
Fehlzeiten ist Schwerpunkt des am Dienstag veröffentlichten Reports,
der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit
mit der Universität Bielefeld herausgegeben wird. Unter dem Titel
"Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance" zeigen die Autoren anhand
konkreter Beispiele, was Unternehmen tun können, um Familie und Beruf
ihrer Beschäftigten besser miteinander in Einklang zu bringen.
Die Zahlen des Fehlzeiten-Reports belegen, dass  die psychisch
bedingten Krankheitsfälle kontinuierlich zunehmen. Die Zahl der auf
psychische Erkrankungen zurückgehenden Krankmeldungen ist bei den der
Berechnung zugrunde liegenden Krankmeldungen von knapp elf Millionen
AOK-Mitgliedern seit 1994 um 74,4 Prozent gestiegen.
"Bei den psychischen Erkrankungen dominieren Depressionen und
neurotische Erkrankungen", erläutert Christian Vetter, Mitherausgeber
des Reports. "Dazu gehören beispielsweise Angsterkrankungen,
Zwangsstörungen, Reaktionen auf schwere Belastungen und
psychosomatische Erkrankungen. Der Anteil der psychischen Störungen
an den Fehlzeiten schwankt in den einzelnen Branchen erheblich." Die
meisten Erkrankungstage aufgrund psychischer Erkrankungen verzeichnen
die Statistiker im Gesundheitswesen und in der öffentlichen
Verwaltung. Frauen seien wesentlich häufiger betroffen als Männer.
Während die psychischen Erkrankungen bei den Männern in der Rangfolge
nach AU-Tagen erst an sechster Stelle stehen, nehmen sie bei den
Frauen bereits den dritten Rangplatz ein.
"Auch die Zahl der auf psychische Erkrankungen zurückgehenden
Frühberentungen hat in letzter Zeit stark zugenommen", sagt
WIdO-Experte Vetter. "Inzwischen sind die psychischen Erkrankungen
bei den Frauen der häufigste und bei den Männern der zweithäufigste
Grund für den Eintritt von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit." Nicht
zuletzt im Hinblick auf die angestrebte Erhöhung des
Renteneintrittsalters müsse daher der Prävention in diesem Bereich
besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, folgern die Herausgeber
des Fehlzeiten-Reports. Die volkswirtschaftlichen Kosten der
Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen werden für das Jahr 2001
auf drei Milliarden Euro geschätzt. Nach Einschätzung der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist mit einem weiteren Anstieg der
psychischen Erkrankungen zu rechnen.
Der neue Fehlzeiten-Report liefert umfassende Daten und Analysen
zur aktuellen Krankenstandsentwicklung in der deutschen Wirtschaft.
Die Daten basieren auf den Krankmeldungen der 10,9 Mio.
erwerbstätigen AOK-Mitglieder im Jahr 2002. Bei den AOK-Mitgliedern
lag der Krankenstand im Jahr 2002 bei 5,2 Prozent. Im Vergleich zum
Vorjahr gingen die Krankenstände in den meisten Branchen zurück oder
blieben stabil. Jedes AOK-Mitglied war im Durchschnitt 19
Kalendertage krank geschrieben. Die Zahl der Krankheitstage nahm im
Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent ab. Auch die durchschnittliche
Dauer der Krankmeldungen war mit 12,3 Tagen etwas niedriger als im
Vorjahr. Im Jahresverlauf war der Krankenstand erneut im Februar am
höchsten (6,2 Prozent). 5,6 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage waren
auf Arbeitsunfälle zurückzuführen. Zwischen den einzelnen
Bundesländern gab es erhebliche Unterschiede im Krankenstand. Die
höchsten Krankenstände waren 2002 in den Stadtstaaten Berlin (6,5
Prozent), Hamburg (6,4 Prozent) und Bremen (6,2 Prozent) sowie im
Saarland (6,4 Prozent) zu verzeichnen.
Angst um den Arbeitsplatz
Im Fehlzeiten-Report 2003 finden sich auch die Ergebnisse einer
repräsentativen Befragung zu den Gründen des niedrigen
Krankenstandes. Ein Ergebnis: Die Angst um den Arbeitsplatz ist ein
wichtiger Grund, warum sich Mitarbeiter seltener krank melden. Zwei
Drittel (65 Prozent) der Beschäftigten befürchten berufliche
Nachteile bei Krankmeldungen. Mehr als die Hälfte der Befragten
wartet notfalls das Wochenende ab, um sich zu erholen. Jeder fünfte
hat im letzten Jahr zur Genesung auch auf Urlaubstage
zurückgegriffen.
In seinem Schwerpunktteil beschäftigt sich der diesjährige
Fehlzeiten-Report mit der Frage der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf. Eine zukunftsorientierte betriebliche Personal- und
Gesundheitspolitik könne sich dem wachsenden Bedürfnis der Menschen
nach einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Beruf, Familie und
Privatleben nicht länger verschließen, so Henner Schellschmidt, einer
der Herausgeber: "Arbeitszufriedenheit, Gesundheit und Produktivität
der Beschäftigten hängen ab von einer gelungenen Balance und sind
entscheidend für den Unternehmenserfolg. Schon allein die
demographische Entwicklung erfordert es, die Voraussetzungen für eine
solche Balance in den Betrieben zu schaffen. Das sichert langfristig
die Wettbewerbsfähigkeit und macht Unternehmen in einem enger
werdenden Arbeitsmarkt attraktiver für die Beschäftigten."
Der Fehlzeiten-Report 2003 zeigt anhand konkreter Beispiele, wie
Betriebe ihren Mitarbeitern helfen können, Beruf und Privatleben
besser miteinander zu vereinbaren. Die Autoren betonen, dass sich
Maßnahmen und Strategien zur Verbesserung der "Work-Life-Balance"
nicht nur für Großunternehmen, sondern vor allem auch für kleine und
mittlere Betriebe lohnen.
Bernhard Badura/Henner Schellschmidt/ Christian Vetter (Hrsg.) 
   Fehlzeiten-Report 2003 
   Wettbewerbsfaktor Work-Life-Balance. Betriebliche Strategien zur
   Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Privatleben. Zahlen, Daten,
   Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft, 2004, 
   Springer-Verlag, 
   Euro 29,95; sFr 46,50,-. 
   ISBN: 3-540-40310-8 
   Mehr Infos im Internet: http://www.wido.de
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