Neue Dimension der Prothesensteuerung: Myo Plus Mustererkennung mit Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz lässt Prothesen vom Anwender lernen
Mustererkennung ermöglicht Bewegungen in Echtzeit
Ab sofort können Anwender ihre Prothesen intuitiv in Echtzeit steuern. Das ermöglicht die europaweit erste Prothesensteuerung mit Mustererkennung, Myo Plus, die im März auf den Markt kommt. "Nach einer Amputation ist die Hand und deren Funktion immer noch im Gehirn angelegt. Amputierte können sich weiterhin vorstellen, ihre Hand zu bewegen. Auch die Signale werden weitergesendet, jedoch fehlt das entsprechende Organ für die Umsetzung des Befehls," erklärt Dr. Thomas Fuchsberger vom Klinikum Traunstein. In Zusammenarbeit mit der Universität Tübingen, dem Klinikum Traunstein und Ottobock versorgte er im Rahmen einer klinischen Studie erste Patienten mit der neuen Steuerung. Mit Hilfe von acht Elektroden misst die Myo Plus Mustererkennung die eingehenden Signale am Unterarm und erkennt daraus Muster, die charakteristisch für einzelne Bewegungen sind. Mittels Algorithmen werden die Signale und Muster klassifiziert und in eine Bewegung der Prothese übersetzt.
Bewegungen wie mit der gesunden Hand
Die Mustererkennung bietet besonders Anwendern von prothetischen Händen mit vielen unterschiedlichen Funktionen erhebliche Vorteile. Manuelles Umschalten zwischen verschiedenen Positionen entfällt. "Durch die neue Steuerung fühlt sich meine Prothese wie meine gesunde Hand an. Ich stelle mir die Bewegung mit meiner Phantomhand im Kopf vor und die Prothese führt sie aus, ohne dass ich etwas tun muss," sagt Landwirt Wolfgang Bauer (24), der vor dreieinhalb Jahren seine rechte Hand bei einem Arbeitsunfall auf dem elterlichen Hof verlor. "Heute lebe ich wieder wie vor dem Unfall. Ich arbeite sowohl auf dem Hof, als auch im Büro. Für Schweres nehme ich eine robuste Hand oder den Elektrogreifer. Für Bürotätigkeiten und meine Freizeit die bebionic Hand." Die Myo Plus Mustererkennung ist mit allen myoelektrischen Händen von Ottobock kompatibel.
Der Anwender steuert den Lernvorgang der Prothese selbst
Nach einer ersten Anpassung durch einen Orthopädietechniker kann der Anwender die Prothesensteuerung selbständig mit einer App kontrollieren. "Dadurch, dass ich die gemessenen Bewegungsmuster in der App sehe, kann ich trainieren, die Muster unterbewusst noch gezielter abzurufen," sagt Bauer. Das erste Training zur Handhabung der neuen Steuerung dauert je nach Anwender wenige Tage. Die größte Herausforderung hier: Die Ähnlichkeit einzelner Muster. Da sich viele Handbewegungen nur um Nuancen unterscheiden, muss Myo Plus eine Vielzahl an verschiedenen Mustern erkennen und korrekt zuordnen. Sobald die Kommunikation zwischen Anwender und Prothesensteuerung funktioniert, kann der Anwender den Fortschritt mit der App speichern und so selbst nachjustieren. Unter anderem können Anwender die Geschwindigkeit der Hand und die Geschwindigkeit der Rotation einstellen.
Über Amputationen in Deutschland
Jährlich werden in Deutschland etwa 250 Armamputationen und etwa 18.000 Ober- und Unterschenkelamputationen durchgeführt. Letztere gehen meist auf Durchblutungsstörungen und Gefäßerkrankungen zurück, deren Auslöser Diabetes oder das Rauchen sein können. Weitere Gründe für eine Amputation können Unfälle, Tumore, Fehlbildungen oder Infektionen sein. Im Bereich der oberen Extremität sind Unfälle der häufigste Grund für eine Amputation.
Über die bebionic Handprothese
Mit 14 wählbaren Griffarten und Handpositionen passt die multiartikulierende Hand besonders zu den alltäglichen Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt. Unter anderem können Prothesenträger den Zeigefinger strecken, um damit die Tastatur eines PCs oder Laptops sowie das Tastenfeld eines Telefons zu bedienen. Individuelle Motoren in den Fingern ermöglichen ein natürliches und koordiniertes Bewegen und Greifen. Die Motoren wurden so positioniert, dass die Gewichtsverteilung optimal ausbalanciert ist. Dank der proportionalen Geschwindigkeitssteuerung können Prothesenträger auch filigrane Aufgaben kontrollieren, etwa ein Ei oder einen Styroporbecher festhalten. Das macht die Hand leichter und komfortabler zu tragen. Im Zusammenspiel mit der neuen Myo Plus Prothesensteuerung können Anwender die Potenziale der bionischen Handprothese erstmals völlig ausschöpfen.
Über Ottobock
Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität entwickelt Ottobock, der deutsche Weltmarktführer, seit 100 Jahren medizintechnische Produkte und Versorgungskonzepte in den Bereichen Prothetik, Orthetik, Human Mobility und versorgt Patienten im Bereich MedicalCare. Mit dem Exoskelett Paexo konnte das Unternehmen 2018 seine Expertise in der Biomechanik zudem auch auf Anwendungen für die Industrie übertragen. Koordiniert werden die internationalen Aktivitäten des Unternehmens in der Zentrale in Duderstadt. Tochtergesellschaften in mehr als 57 Ländern bieten weltweit Qualität "Made in Germany" und beschäftigen mehr als 7.000 Menschen. Seit 1988 unterstützt das Unternehmen die Paralympischen Spiele durch sein technisches Know-how.
Sebastian Zavelberg Public Relations Manager Corporate Communications Ottobock SE & Co. KGaA Prenzlauer Allee 242 | 10405 Berlin T+49 30 206 039 889 | M +49 151 188 835 08 sebastian.zavelberg@ottobock.com | www.ottobock.com