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ots.Audio: Audio-Beitrag zur Pressekonferenz Bruttoinlandsprodukt 2010 am 12. Januar 2011 in Wiesbaden Deutsche Wirtschaft 2010: Rasanter Aufschwung nach der Krise

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Wiesbaden (ots)

Anmoderation: Das Statistische Bundesamt hat heute die erste Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt 2010 bekannt gegeben. Über die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands im abgelaufenen Jahr sprechen wir mit Roderich Egeler, dem Präsidenten des Statistischen Bundesamtes.

Frage 1: Herr Egeler, wie hat sich die deutsche Wirtschaft im Jahr 2010 entwickelt?

Antwort 1 (32 sec.): Deutschland erlebte 2010 einen rasanten Aufschwung nach der Krise. Nach unserer ersten Schätzung war das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt 2010 um 3,6% höher als im Jahr zuvor. Allerdings ist dies vor dem Hintergrund zu sehen, dass die deutsche Wirtschaft 2009 die stärkste Rezession der Nachkriegszeit verkraften musste. Im Vorjahr war das BIP noch um 4,7% gesunken, das Vorkrisenniveau ist 2010 also noch nicht wieder erreicht.

Frage 2: Der Arbeitsmarkt war in der Krise ja erstaunlich stabil. Wie hat er sich jetzt im Aufschwung entwickelt?

Antwort 2 (13 sec.): Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte im Jahr 2010 mit rund 40,5 Millionen einen neuen Rekordstand. Das waren etwa 212 000 Personen mehr als 2009.

Frage 3: Die deutschen Unternehmen hatten auf die Krise kaum mit Entlassungen reagiert. Stattdessen kamen Instrumente wie Kurzarbeit oder der Abbau von Überstunden zum Einsatz. Wie hat sich die Rückführung dieser Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt ausgewirkt?

Antwort 3 (17 sec.): Das äußerte sich vor allem in der Zunahme der geleisteten Arbeitsstunden. Gesamtwirtschaftlich arbeitete 2010 jeder Erwerbstätige 2% mehr als im Jahr zuvor. Besonders stark war dieser Anstieg mit 5,7% im Produzierenden Gewerbe.

Frage 4: Haben eigentlich alle Branchen vom Aufschwung profitiert oder gab es dort Unterschiede?

Antwort 4 (20 sec.): Bis auf die Land- und Forstwirtschaft konnten alle Bereiche ihre Wirtschaftsleistung steigern. Besonders hervorzuheben ist aber das Produzierende Gewerbe, dessen Bruttowertschöpfung im Jahr 2010 um 10,3% zunahm. Allerdings hat es damit den Absturz des Vorjahres noch nicht wieder vollständig aufgeholt.

Frage 5: Im Zuge der Krise war der Außenhandel ja regelrecht eingebrochen. Konnte er 2010 - wie häufig in früheren Jahren - wieder Wachstumsimpulse geben?

Antwort 5 (21 sec.): Eindeutig ja. Deutschland exportierte 2010 um 14,2% mehr als 2009. Gleichzeitig stiegen die Importe etwas weniger stark, nämlich um 13%. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang aber, dass 2010 auch die Binnennachfrage erheblich zum Wachstum beigetragen hat.

Frage 6: Sie meinen die Investitionstätigkeit und den Konsum?

Antwort 6 (22 sec.): Genau. 2010 wurde erheblich mehr investiert als 2009. Vor allem die Ausrüstungsinvestitionen legten deutlich zu - um 9,4%. Auch vom Konsum gingen positive Impulse aus: Der private Konsum nahm um 0,5% zu, der Staatskonsum stieg sogar um 2,2%.

Frage 7: Konnten die Arbeitnehmer 2010 vom Aufschwung profitieren?

Antwort 7 (24 sec.): In der Tat. Die durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer sind 2010 um 2,2% gestiegen. Netto hatte jeder Arbeitnehmer sogar 3,4% mehr in der Tasche. Das war der stärkste Zuwachs seit 1993. Auch real bedeutete dies ein Plus, die Verbraucherpreise stiegen nämlich nur um 1,1%.

Frage 8: Nach neuesten Angaben hatte Deutschland im Krisenjahr 2009 beim Staatsdefizit den Referenzwert des Maastricht-Vertrages von 3% gerade so getroffen. Wie sah das 2010 aus?

Antwort 8 (29 sec.): Beim Staatsdefizit zeigten sich die Auswirkungen der Krise noch am deutlichsten. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen wiesen 2010 zusammen ein Finanzierungsdefizit von fast 89 Milliarden Euro aus. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt bedeutet das eine Defizitquote von 3,5%. Deutschland hat damit erstmals seit fünf Jahren den Referenzwert des Maastricht-Vertrages - die 3-Prozent-Marke - überschritten.

Frage 9: Und wie schätzen Sie den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland im internationalen Vergleich ein?

Antwort 9 (21 sec.): Deutschland ist dank kräftiger Binnen- und Auslandsnachfrage besonders gut aus der Krise herausgekommen. Mit dem Plus von 3,6% liegt Deutschland im europäischen Vergleich mit an der Spitze. Das deutsche Wachstum ist etwa doppelt so stark wie der von der Europäischen Kommission für die 27 Mitgliedstaaten prognostizierte Zuwachs.

Frage 10: Herr Egeler, wie beurteilen Sie zusammenfassend die Entwicklung 2010?

Antwort 10 (50 sec.): Lassen Sie mich drei Punkte herausstreichen: Erstens: Deutschland erlebte 2010 mit dem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 3,6% den größten Aufschwung seit der Wiedervereinigung. Die Zahl der Erwerbstätigen hat einen neuen Rekordwert erreicht. Zweitens: Zum Aufschwung haben im vergangenen Jahr sowohl die Außen- als auch die Binnennachfrage beigetragen. Außenhandel, Investitionen und Konsum gaben positive Wachstumsimpulse. Und drittens: Deutliche Auswirkungen der Krise waren vor allem noch beim Staatsdefizit zu spüren. Die Maastricht-Defizitquote - die 3-Prozent-Marke - wurde 2010 mit 3,5% erstmals seit fünf Jahren wieder überschritten.

Abmoderation: Herr Egeler, vielen Dank für das Gespräch.

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