Nach Ende des 9-Euro-Tickets: Bahnreisen zurück auf Vorkrisenniveau
WIESBADEN (ots)
- Im Zeitraum des 9-Euro-Tickets durchschnittlich 44 % mehr Bahnreisen über 30 Kilometer als im Jahr 2019
- Anstieg bei Bahnreisen zwischen 100 und 300 Kilometern mit 57 % am höchsten
- Bahnverkehr nähert sich mit Auslaufen des Angebots wieder dem Vorkrisenniveau
Im Gültigkeitszeitraum des bundesweiten 9-Euro-Tickets von Juni bis August 2022 unternahmen die Menschen in Deutschland deutlich mehr Bahnreisen über Distanzen ab 30 Kilometern als im Vergleichszeitraum des Jahres 2019. Im Durchschnitt lag die Zahl der täglich erfassten Reisen im Schienenverkehr um 44 % höher. Zeitgleich blieb die Zahl der Reisen im Straßenverkehr auf diesen Distanzen gegenüber 2019 konstant. Dies teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis einer experimentellen Sonderauswertung aggregierter und anonymisierter Mobilfunkdaten des Unternehmens Teralytics mit. Aussagen zu Bahnreisen auf Distanzen von weniger als 30 Kilometern lassen die Daten nicht zu.
Unter der Woche knapp ein Viertel mehr, an Wochenenden mehr als doppelt so viele Bahnreisen wie 2019
Von Juni bis August 2022 lag die Zahl der Reisen im Schienenverkehr auf Distanzen ab 30 Kilometern von montags bis freitags durchschnittlich um knapp ein Viertel (+24 %) höher als im Vergleichszeitraum 2019. An den Wochenenden waren es sogar mehr als doppelt so viele Bahnreisen (+105 %). Dagegen lag die Zahl der Reisen im Straßenverkehr über Distanzen ab 30 Kilometern unter der Woche genau auf dem Niveau des Jahres 2019 und an den Wochenenden nur vergleichsweise leicht (+7 %) darüber. Aus den Daten lässt sich somit ablesen, dass im Zeitraum des 9-Euro-Tickets deutlich mehr Bahnreisen ab 30 Kilometern zurückgelegt wurden als im Vergleichszeitraum des Jahres 2019. Gleichzeitig blieb die Zahl der auf der Straße zurückgelegten Reisen ab 30 Kilometern unter der Woche gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 konstant und stieg an den Wochenenden sogar. Dabei ist zu beachten, dass sich Reisen in Autos anhand der Daten nicht von Reisen in Bussen oder anderen Fahrzeugen unterscheiden lassen.
Nach Auslaufen des 9-Euro-Tickets im September 2022 ist zu beobachten, dass sich die Zahl der täglichen Bewegungen im Schienenverkehr wieder dem Niveau des Jahres 2019 annähert. So waren am 31. August 2022, einem Mittwoch, noch knapp zwei Drittel (+64 %) mehr Menschen auf den erfassten Distanzen unterwegs als an einem durchschnittlichen Mittwoch im August 2019. Am 1. September 2022 waren es dann 14 % weniger als einem durchschnittlichen Donnerstag im September 2019. Die täglichen Veränderungsraten im Schienenverkehr unterliegen Schwankungen und haben sich in den ersten Septembertagen insgesamt wieder der 0 %-Grenze, also dem Niveau von 2019, angenähert. Eine solche Entwicklung war bei den restlichen Verkehrsträgern in den ersten Septembertagen nicht erkennbar. Bei den Angaben müssen mögliche Effekte der unterschiedlichen Sommerferien-Zeiträume in den Jahren 2019 und 2022 auf die Mobilität berücksichtigt werden.
Zunahme im Schienenverkehr vor allem auf Distanzen zwischen 30 und 300 Kilometern
Betrachtet nach zurückgelegten Distanzen stieg die Zahl der Bahnreisen unter 300 Kilometern im Zeitraum des 9-Euro-Tickets besonders stark: So war die Zahl der Bahnreisen zwischen 30 und 100 Kilometern im gesamten Zeitraum durchschnittlich 43 % höher als 2019. Bei mittleren Distanzen (100 bis 300 Kilometer) war ein Anstieg um 57 % zu beobachten. Die Zahl der Bahnreisen über Langstrecken ab 300 Kilometern lagen bereits seit Anfang April 2022 deutlich über dem Vorkrisenniveau. Seit Einführung des 9-Euro-Tickets war hier keine Veränderung zu beobachten. Dies legt den Schluss nahe, dass Bahnreisende das für den Nah- und Regionalverkehr gültige 9-Euro-Ticket nur selten für zeitintensive Fahrten über lange Strecken nutzten.
Nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets war in allen betrachteten Distanzklassen ein Rückgang der Mobilität auf das Vorkrisenniveau zu beobachten. So lagen Bahnreisen zwischen 30 und 100 Kilometern am 31. August 2022 noch zwei Drittel (+67 %) über dem Niveau von 2019 und am 1. September 2022 bereits knapp ein Fünftel (-19 %) darunter. Bei Distanzen zwischen 100 und 300 Kilometern ging das Niveau von +88 % auf -5 % zurück, bei Reisen ab 300 Kilometern von +31 % auf +9 %. Auch hier sind die täglichen Veränderungsraten Schwankungen unterworfen und haben sich in den ersten Septembertagen insgesamt wieder dem Niveau des Jahres 2019 angenähert.
Methodische Hinweise:
Zur Abbildung der Mobilität verwendet das Statistische Bundesamt anonymisierte und aggregierte Mobilfunkdaten aus dem Netz des Mobilfunkanbieters Telefónica, die vom Unternehmen Teralytics aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. Bewegungen werden auf Basis von anonymisierten und aggregierten Mobilfunkdaten aus Positionsänderungen identifiziert, wenn die Aufenthalte an Start- und Zielort mindestens 30 Minuten betragen. Bei der Berechnung der Referenzwerte aus 2019 wird eine Anpassung für gesetzliche Feiertage sowie den 24. und 31. Dezember durchgeführt, um Verzerrungen durch die an Feiertagen üblicherweise veränderte Mobilität zu verhindern.
Veränderungsraten für alle Tage, die keine Feiertage sind, werden im Vergleich zum Durchschnitt des jeweiligen Wochentages des jeweiligen Monats im Jahr 2019 berechnet. Dabei werden Feiertage aus der Berechnung des Wochentagdurchschnitts ausgenommen. Veränderungsraten für Feiertage hingegen werden im Vergleich mit dem entsprechenden Feiertag des Jahres 2019, wie beispielweise Fronleichnam, berechnet. Der oben genutzte 7-Tage-Durchschnitt ist ein gleitender Durchschnitt aus den Veränderungsraten.
In den für diese Auswertung genutzten Bewegungsdaten wurde, wo möglich, anhand von Mobilfunksignalen eine Zuordnung der Bewegungen zu Straßen-, Schienen- und Luftverkehr vorgenommen. Eine solche Zuordnung konnte jedoch nur für Reisedistanzen ab 30 Kilometern erfolgen. Kürzere sowie aus anderen Gründen nicht zugeordnete Reisen fallen in den Darstellungen unter "Sonstige".
Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass die vorliegenden Mobilfunkdaten alle Bewegungen messen und somit keine Unterscheidung zwischen Personen- und Güterfernverkehr erlauben. Auch Doppelzählungen sind nicht ausgeschlossen, da nicht alle in Kraftfahrzeugen verbauten SIM-Karten identifiziert und herausgerechnet werden können. Differenziertere Daten zur monatlichen Entwicklung im Straßenverkehr auf Bundesfernstraßen bietet die Bundesanstalt für Straßenwesen in ihrem Verkehrsbarometer.
Weitere Informationen:
Mit dieser Sonderauswertung anonymisierter und aggregierter Mobilfunkdaten erschließt das Statistische Bundesamt neue digitale Datenquellen. Die Ergebnisse basieren auf Daten, die das Statistische Bundesamt insbesondere hinsichtlich ihres Nutzens für die kleinräumige und aktuelle Abbildung der Bevölkerung und ihrer Mobilität untersucht. Weitere Informationen hierzu bietet die Rubrik "EXDAT-Experimentelle Daten" (www.destatis.de/exdat) in den Bereichen zur Mobilität auf Basis von Mobilfunkdaten. Das Angebot wird täglich aktualisiert und schrittweise erweitert.
Im Reifegrad und in der Qualität unterscheiden sich diese experimentellen Daten und Auswertungen von amtlichen Statistiken, insbesondere in Bezug auf Harmonisierung, Erfassungsbereich und Methodik.
Diese Pressemitteilung ist, gegebenenfalls ergänzt mit weiteren Informationen und Verlinkungen zum Thema, veröffentlicht unter www.destatis.de/pressemitteilungen.
Pressekontakt:
Statistisches Bundesamt
Pressestelle
www.destatis.de/kontakt
Telefon: +49 611-75 34 44
Original-Content von: Statistisches Bundesamt, übermittelt durch news aktuell