Ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland hatte 2021 ein Nettoeinkommen von unter 16 300 Euro im Jahr
WIESBADEN (ots)
- Hoher Anteil von Personen aus Alleinerziehenden-Haushalten und Alleinlebenden in den unteren Einkommensgruppen
- Rund die Hälfte aller Personen im Ruhestand mit Nettoäquivalenzeinkommen unter 22 000 Euro im Jahr
- Fast ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland konnte 2021 größere, unerwartet anfallende Ausgaben nicht bestreiten
Die Einführung einer Strompreisbremse, die Erhöhung des Kindergeldes, Einmalzahlungen für Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner und ein höheres Wohngeld für mehr Berechtigte - die Bundesregierung hat im Rahmen des dritten Entlastungspaketes eine Vielzahl von Maßnahmen beschlossen. Profitieren sollen davon insbesondere Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, stand nach Ergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2021 einem Fünftel der Bevölkerung in Deutschland ein jährliches Nettoäquivalenzeinkommen von unter 16 300 Euro zur Verfügung. Beim Äquivalenzeinkommen handelt es sich um ein um Einspareffekte in Mehrpersonenhaushalten bereinigtes Pro-Kopf-Einkommen. Einkommensreferenzjahr ist das Vorjahr der Erhebung. So hatten zwei Fünftel (40 %) der Bevölkerung ein Nettoäquivalenzeinkommen von unter 22 000 Euro im Jahr. Auf der anderen Seite hatten zwei Fünftel (40 %) der Bevölkerung ein Einkommen von 28 400 Euro und mehr.
Alleinerziehenden-Haushalte überdurchschnittlich oft in unteren Einkommensgruppen
Zu den 40 % der Bevölkerung mit den geringsten Einkommen zählen überdurchschnittlich oft Personen aus Alleinerziehenden-Haushalten. Fast zwei Drittel (64,6 %) von ihnen verfügten 2021 über ein Nettoäquivalenzeinkommen von weniger als 22 000 Euro im Jahr, bei gut einem Drittel (33,2 %) betrug es weniger als 16 300 Euro. Ähnliches gilt für Personen in Haushalten mit zwei Erwachsenen und drei oder mehr Kindern: 57,7 % der Personen dieser Haushalte hatten ein Nettoeinkommen von weniger als 22 000 Euro im Jahr. Für Personen in Haushalten mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bzw. einem Kind traf das auf 36,0 % bzw. 29,7 % zu.
Jede zweite alleinlebende Person mit Einkommen unter 22 000 Euro
Auch bei Personen, die ohne Kinder lebten, zeigen sich hinsichtlich der Einkommensverteilung deutliche Unterschiede zwischen den Haushaltstypen: So zählte 2021 mehr als die Hälfte (53,2 %) der alleinlebenden Erwachsenen zur Bevölkerung mit einem Einkommen von unter 22 000 Euro im Jahr. Knapp ein Drittel (32,2 %) der Alleinlebenden verfügte über ein Einkommen von weniger als 16 300 Euro und war demnach der untersten Einkommensgruppe zuzurechnen. Personen in Haushalten, in denen zwei bzw. drei oder mehr Erwachsene zusammenlebten, ließen sich hingegen häufiger den zwei oberen der fünf Einkommensgruppen zuordnen (49,0 % bzw. 55,7 %). Zu den obersten 40 % der Einkommensverteilung gehören Personen mit mindestens 28 400 Euro Nettoeinkommen im Jahr und zu den obersten 20 % diejenigen mit mindestens 38 100 Euro.
Rund die Hälfte aller Personen im Ruhestand mit Einkommen unter 22 000 Euro
Bei der Betrachtung der Einkommensverteilung nach der sozialen Stellung zeigt sich, dass die Hälfte (50,1 %) der Personen im Ruhestand im Jahr 2021 ein Nettoeinkommen von unter 22 000 Euro hatte, fast ein Viertel (24,6 %) verfügte über weniger als 16 300 Euro. Bei Studierenden, Schülerinnen und Schüler ab 16 Jahren lag der Anteil bei 55,4 % bzw. 35,6 %. Bei Arbeitslosen und anderen nichterwerbstätigen Personen ab 16 Jahren gab es mit 77,1 % bzw. 58,3 % einen noch höheren Anteil in den zwei untersten Einkommensgruppen. Mehr als jede zweite arbeitslose Person (54,7 %) zählte zudem zu den 20 % der Bevölkerung mit den geringsten Einkommen. Bei den abhängig Erwerbstätigen sowie Selbstständigen gehörte hingegen gut die Hälfte (52,8 % bzw. 52,1 %) zu den zwei einkommensstärksten Gruppen der Bevölkerung.
3,7 % der Bevölkerung in Deutschland im Zahlungsverzug bei Versorgungsbetrieben
Insbesondere der Belastung durch stark steigende Energiepreise sollen die Maßnahmen des dritten Entlastungspaketes der Bundesregierung entgegenwirken. Im Jahr 2021 lebten 3,7 % der Bevölkerung in Deutschland in Haushalten, die bei Rechnungen von Versorgungsbetrieben wie etwa Strom- oder Gasanbietern im Zahlungsverzug waren. Der Anteil in Deutschland war geringer als beispielsweise im Nachbarstaat Frankreich, wo er 7,1 % betrug. Das geht aus Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat hervor. In den Niederlanden waren mit 1,2 % dagegen vergleichsweise wenige Personen bei der Begleichung von Rechnungen für Versorgungsleistungen im Rückstand.
Fast ein Drittel der Bevölkerung hierzulande kann ungeplante Ausgaben nicht bestreiten
Deutlich höher fiel 2021 der Anteil der Personen aus, die in Haushalten lebten, welche aufgrund der finanziellen Situation nicht dazu in der Lage waren, größere, unerwartet anfallende Ausgaben aus eigenen Finanzmitteln zu bestreiten. In Deutschland traf dies im Jahr 2021 auf fast ein Drittel (31,9 %) der Bevölkerung zu. Niedriger fiel der Anteil etwa in Frankreich aus: Hier konnten 27,6 % der Bevölkerung für ungeplante Ausgaben nicht eigenständig aufkommen. In den Niederlanden lag der Anteil mit 15,1 % hingegen wesentlich niedriger. In Rumänien, Kroatien, Griechenland, Zypern und Lettland verfügten jeweils mehr als 40 % der Bevölkerung nicht über ausreichende finanzielle Rücklagen für ungeplante größere Ausgaben. Als unerwartet anfallende Ausgabe galt in jedem Staat in Abhängigkeit vom Einkommensniveau eine andere Summe. In Deutschland ging es um unerwartete Ausgaben in Höhe von 1 150 Euro oder mehr.
Methodische Hinweise:
Die im Text genannten Einkommenswerte beziehen sich auf das sogenannte Nettoäquivalenzeinkommen. Als Gewichtungsskala, die festlegt, welches Bedarfsgewicht jedem einzelnen Haushaltsmitglied zuzuordnen ist, wird nach europäischem Standard die modifizierte OECD-Skala herangezogen. Danach erhält die erste erwachsene Person im Haushalt (Person mit dem höchsten Beitrag zum Haushaltsnettoeinkommen) das Gewicht 1,0. Jede weitere erwachsene Person und jede jugendliche Person im Alter von 14 Jahren oder älter erhält das Gewicht 0,5 sowie jedes Kind unter 14 Jahren das Gewicht 0,3. Für unterschiedliche Haushaltszusammensetzungen ergeben sich so verschiedene Gesamtgewichte. Das Haushaltsnettoeinkommen, dividiert durch das Gesamtgewicht für den Haushalt, ergibt das für jede Person des Haushalts geltende Nettoäquivalenzeinkommen. Berechnet wird die hier dargestellte Einkommensverteilung durch das Bilden von fünf gleich großen Einkommensgruppen, sogenannten Einkommensquintilen. Die Grundlage für die Einkommensmessung ist das verfügbare Haushaltsnettoeinkommen (nach Steuern und Sozialabgaben) des Vorjahres der Erhebung (Einkommensreferenzjahr). Das Nettoäquivalenzeinkommen ist nicht zu verwechseln mit dem Einkommenskonzept des persönlichen Nettoeinkommens und kann mit diesem nicht sinnvoll verglichen werden.
Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). EU-SILC ist die amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armutsgefährdung und Lebensbedingungen auf Bundesebene in Deutschland sowie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Erhebung ist in Deutschland seit dem Erhebungsjahr 2020 als Unterstichprobe in den Mikrozensus integriert. Aufgrund der mit dieser Integration verbundenen umfangreichen methodischen Änderungen ist ein Vergleich der Ergebnisse ab Erhebungsjahr 2020 mit den Vorjahren nicht möglich.
Damit zwischen dem Ende des Erhebungsjahres und der Ergebnisbereitstellung möglichst wenig Zeit vergeht, werden seit dem Erhebungsjahr 2020 zunächst Erstergebnisse und mit einigem zeitlichen Abstand Endergebnisse veröffentlicht. Bei den hier erwähnten Ergebnissen für 2021 handelt es sich um Erstergebnisse.
Ausführliche Informationen zu den methodischen Änderungen sowie deren Auswirkungen auf EU-SILC sind auf einer Sonderseite verfügbar.
Weitere Informationen:
Weitere Ergebnisse der Erhebung EU-SILC 2021 sind im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes auf der Themenseite Lebensbedingungen und Armutsgefährdung veröffentlicht.
Die Ergebnisse zu den "Zahlungsrückständen bei Versorgungsunternehmen" und der "finanziellen Unfähigkeit, unerwartet anfallende Ausgaben zu bestreiten" stammen aus der Eurostat-Datenbank.
Diese Pressemitteilung ist, gegebenenfalls ergänzt mit weiteren Informationen und Verlinkungen zum Thema, veröffentlicht unter www.destatis.de/pressemitteilungen.
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